Vasco da Gama

Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama ging als Entdecker des Seeweges nach Indien in die Geschichte ein. Er entstammte einer adeligen Familie und unterhielt während seiner Laufbahn gute Beziehungen zu König Manuel I. von Portugal. Er reiste dreimal nach Indien und gilt als Begründer der portugiesischen Kolonialisierung im asiatischen Raum. Auf Grund der spärlichen Verfügbarkeit von Quellen liegen Vasco da Gamas Kindheit und Jugend weitgehend im Dunkeln. Sein Vater Estêvão da Gama (ca. 1430-1497) hatte Funktionen bei Hofe inne und war Gouverneur von Sines, gelegen an der Küste des Alentejo, und von Silves an der Algarve. Estêvão gehörte dem Ritterorden von Santiago an und wechselte später zum Orden der Christusritter. Vascos Mutter Isabel Sodré hatte englische Wurzeln. Vasco da Gama hatte mindestens vier Geschwister, vielleicht mehr. Erst 1480 erscheint Vasco da Gama erstmals in einem historischen Dokument, als er selbst dem Ritterorden von Santiago beitritt. Ein solcher Eintritt geschah gewöhnlich im Alter von elf bis zwölf Jahren, wodurch da Gamas Geburtsjahr als ungefähr 1468 oder 1469 ermittelt werden kann.

Vasco da Gamas erster wichtiger Auftritt zur See trug sich 1492 zu, als er vom portugiesischen König Johann II. (João II., 1455-1495) beauftragt wurde, in den Häfen der Algarve und demjenigen von Setúbal gegen französische Handelsschiffe vorzugehen. Dies wurde wegen französischer Piraterie als notwendig erachtet, die sich vor Westafrika gegen portugiesische Schiffe richtete. Diesem Einsatz folgte 1495 die Ernennung da Gamas zum Komtur von Mouguelas und Chouparia, zweier Komtureien des Santiagoordens in der Nähe von Setúbal.

Die erste Indienexpedition

Nach dem Tode von König Johann II. erfolgte mit der Thronbesteigung des Nachfolgers Manuel I. (1469-1521) im Jahr 1495 ein Karriereschwung für Vasco da Gama. Da Gama stand fortan in gutem Kontakt zum herrschenden Monarchen, was wahrscheinlich auch seine Ernennung zum Oberbefehlshaber der portugiesischen Indienfahrer erklärt. Man nimmt an, dass da Gama hiermit seinen Vater Estêvão vertrat, der sich bereits unter Johann II. für die Entdeckung eines Seeweges nach Asien eingesetzt hatte. Estêvão starb jedoch in der Aufbruchsphase zur Expedition im Juli 1497. Unklar ist, wie umfangreich zu diesem Zeitpunkt Vasco da Gamas Seefahrerkenntnisse eingeschätzt werden müssen. Ein eventueller Mangel hieran wurde durch den Einsatz erfahrener Seeleute ausgeglichen, darunter Bartolomeu Dias, dem unter König Johann II. 1487/88 die Erstumsegelung des Kaps der Guten Hoffnung gelungen war. Es bleibt zu berücksichtigen, dass der Oberbefehl an da Gama und nicht an Dias ging.

Die Flotte verließ Lissabon am 8. Juli 1497. Vasco da Gamas Flaggschiff war die São Gabriel, während sein Bruder Paulo da Gama das Kommando über die São Rafael und Nicolao Coelho dasjenige über die Bérrio führte. Alle drei Schiffe gehörten zum iberischen Schiffstyp der Nau, die gelegentlich auch als Karacke angesehen wurde und im Bau einer Kogge und Karavelle ähnelt. Ferner nahm ein Transportschiff teil. Die gesamte Besatzung belief sich auf 150 bis 170 Mann. Zur Nutzung günstiger Winde holte Vasco da Gama bei seinem Kurs weit nach Westen aus und erreichte am 4. November 1497 an Südafrikas Westküste die Sankt-Helena-Bucht. Nach der Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung kam die Flotte am 25. November in der Mosselbaai an, bis wohin zehn Jahre zuvor bereits Bartolomeu Dias vorgestoßen war. Die Expedition entlang der Küste Ostafrikas erreichte am 7. April 1498 Mombasa im heutigen Kenia. Nach Behinderungen durch arabische Händler segelte da Gama weiter zum nahegelegenen Hafen von Malindi, wo Verhandlungen mit dem herrschenden Sultan dazu führten, dass da Gama muslimische Gefangene freiließ und einen der Überlieferung nach christlichen Lotsen für die Weiterfahrt nach Calicut (heute Kozhikode) an der Pfefferküste im Südwesten Indiens an Bord nahm. Geiselnahme gehörte zur üblichen Vorgehensweise der Portugiesen an der afrikanischen Küste.

In der Regel weigerte sich da Gamas Besatzung, an Land zu gehen, verhandelte statt dessen in Booten vor der Küste und nahm bei diesen Gelegenheiten Gefangene, die anschließend wieder als Überbringer von Forderungen an Land gesandt werden konnten. Mit der Landung bei Calicut am 20. Mai 1498 erreichte erstmals ein Schiff aus Europa den indischen Subkontinent auf dem Seeweg um Afrika. Die Verhandlungen mit den lokalen Machthabern, Zamorin genannt, die das herrschende Gewürzmonopol der Araber brechen sollten, gestalteten sich schwierig und fanden erst durch Hilfestellung des Rajas von Cochin einen für die Portugiesen günstigen Ausgang. Vasco da Gama konnte Gewürze laden und mit der kostbaren Fracht am 8. Oktober die Heimreise antreten.

Rückkehr und zweite Indienfahrt

Nicolao Coelho erreichte Portugal mit dem ersten der Schiffe am 10. Juli 1499. Vasco da Gamas Rückkehr verzögerte sich durch einen Aufenthalt auf den Azoren, den er wegen der tödlichen Erkrankung seines Bruders Paulo eingelegt hatte, bis zum 9. September 1499. Trotz der hohen Kosten des Unternehmens erwirtschaftete die portugiesische Krone mit dem Verkauf der mitgebrachten Gewürze ansehnlichen Gewinn. Da Gamas begeisterter Empfang hatte eine Reihe von Ehrungen zur Folge, darunter die Herrschaft über Sines, die er 1507 wieder abgeben musste, und den Titel Dom, dem 1502 noch der eines Almirante do Mar das Índias folgte. Dies entspricht einer Bezeichnung als Admiral des Indischen Meeres und ist im Lichte von Christoph Kolumbus‘ ehrgeiziger Jagd nach dem Titel eines Admirals des Ozeanmeeres zu sehen. Nach seiner Heimkehr heiratete Vasco da Gama 1500 oder 1501 die adelige Catarina de Ataíde. Mit ihr bekam er sechs Söhne und eine Tochter. Zwei weitere portugiesische Indienexpeditionen fanden ohne Vasco da Gamas Beteiligung statt. Die vierte, 1502 unternommene Fahrt stand wiederum unter seinem Kommando. Die Flotte bestand dieses Mal aus 21 Schiffen mit schwerer Bewaffnung. Zur Führungsriege zählten mehrere Familienmitglieder da Gamas.

Angesichts des ausgebrochenen Kampfes um das Handelsmonopol im Indischen Ozean kam es zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Hierbei sah sich da Gama mit 15 eigenen Schiffen einer gegnerischen Macht der Indier und Araber von über 100 Schiffen gegenüber, konnte sich aber militärisch siegreich durchsetzen. Politisches Kalkül und Gewaltanwendung führten zur Festigung portugiesischer Macht im indischen Raum und zum Ausbau des Handelsmonopols für Gewürze. 1503 wurde in Cochin die erste portugiesische Festung in Indien erbaut.

Späte Jahre als erfolgreicher Höfling

Vasco da Gamas erneute Rückkehr 1503 oder 1504 leitete sein Dasein als geehrtes Mitglied des Hofes ein. Er sicherte sich die Statthalterschaft von Vila Franca de Xira nahe Lissabon. Manuel I. gewährte ihm eine jährliche Rente und unterstützte da Gama bei der Beschaffung von Einkünften aus Gütern sowie durch Steuerbefreiungen. 1507 trat da Gama in den renommierten Christusorden ein. Eine 1518 beantragte Ausreise seiner Familie aus Portugal, die als Überlaufen zum konkurrierenden Kastilien missverstanden werden konnte, lehnte Manuel I. zunächst ab, gewährte da Gama aber Einzug in den Hochadel und verlieh ihm den Titel eines Herzogs von Vidigueira. Nach dem Tode Manuels 1521 setzte sein Nachfolger König Johann III. (João III.) den erfahrenen Vasco da Gama für notwendige Reformen im indischen Herrschaftsbereich ein und ernannte ihn hierzu zum Vizekönig. Nach der gemeinsam mit seinen Söhnen Estêvão und Paulo am 5. April 1524 erfolgten Abreise setzte da Gama zivile und militärische Maßnahmen um, darunter eine regelmäßige Besoldung der Soldaten in Indien. Bereits drei Monate nach seiner dritten Ankunft in Indien, am 24. Dezember 1524, verstarb Vasco da Gama in Cochin. Er wurde im Kloster Santo António beigesetzt und 1538 auf Veranlassung seines Sohnes Pedro ins Kloster Nossa Senhora das Relíquias im portugiesischen Vidigueira umgebettet. Seit 1880 befinden sich seine Gebeine in einem Ehrengrab im Hieronymuskloster von Belém bei Lissabon.

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