Theodore Roosevelt

Am 14. September 1901 starb US-Präsident William McKinley an den Folgen eines Attentats. Noch am selben Tag wurde Vize-Präsident Theodore Roosevelt in Buffalo verfassungsgemäß als 26. Präsident der USA vereidigt. Der damals 42jährige Theodore Roosevelt (ein entfernter Cousin des späteren, von 1933 bis 1945 amtierenden, Präsidenten Franklin D. Roosevelt), wurde durch seine Vereidigung zum jüngsten (bis heute) Präsidenten der US-Geschichte.

Herkunft und Jugend

Theodore „Teddy“ Roosevelt jr. kam am 27. Oktober 1858 als zweites von vier Kindern einer zur Oberschicht gehörenden, irisch-niederländischen Familie in New York City zur Welt. Seine Eltern, Martha Bulloch Roosevelt (1835-1884) und Theodore Roosevelt sr. (1831-1878) ermöglichten ihm eine privilegierte Ausbildung mit privaten Hauslehrern. Bildungsreisen führten ihn nach Europa und Ägypten. 1873 hielt er sich mehrere Monate in der sächsischen Hauptstadt Dresden auf und erwarb bei dieser Gelegenheit solide Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der junge Roosevelt war von schwächlicher körperlicher Konstitution, litt unter Asthma, kränkelte häufig und war zudem kurzsichtig. Er verfügte aber im Gegenzug über eine überaus ausgeprägte psychische Zähigkeit und Willenskraft und zwang sich zu ausgiebigen und regelmäßigen Sportübungen. Durch Boxen, Judo und andere Sportarten erwarb sich Roosevelt im Laufe seiner Jugend eine bemerkenswerte physische Fitness.

Von 1876 bis 1880 studierte Roosevelt an der Elite-Universität Harvard in Cambridge, Massachussetts. Schwerpunkt seines Biologie-Studiums war Naturgeschichte und dort vor allem die damals kontrovers diskutierten Evolutions-Theorien von Charles Darwin. 1880 heiratete Roosevelt die aus Massachusetts stammende, drei Jahre jüngere Bankierstochter Alice Hathaway Lee. Die junge Ehefrau starb kurz nach der Geburt des einzigen Kindes, Alice Lee Roosevelt (1884-1980). Am selben Tag wie seine Frau starb auch Roosevelts Mutter.

Autor, Politiker, Rancher und Kriegsheld

Nach dem Studium ging der von dem Wunsch, sich öffentlich auszuzeichnen, getriebene Roosevelt in die Politik. Erste relativ große Aufmerksamkeit hatte er 1882 durch die Veröffentlichung der marinehistorischen Studie „The Naval War of 1812“ erregt. Hier formulierte Roosevelt seine auch in seinem späteren Leben stets vertretenen Forderungen nach einer starken Flotte und nach militärischer sowie politischer Stärke der USA. Sein Credo eines „Starken Staates“ knüpfte an Anfang der 1880er Jahre nur noch zurückhaltend vertretene traditionelle Grundforderungen der Republikanischen Partei an. 1881 wurde er als republikanischer Unabhängiger in die Assembly (Abgeordnetenkammer) des Staates New gewählt. Hier machte er sich rasch einen Namen durch seine konkreten Vorschläge zur Verbesserung der durch Korruption und Missorganisation gekennzeichneten öffentlichen Verwaltung.

1884 zog sich Roosevelt nach Konflikten mit lokalen Parteigrößen und nach dem Tod von Ehefrau und Mutter auf seine Farmen „Badlands“ und „Elk Horn“ im Dakota-Territorium zurück. Hier lebte er als Rancher seinem Ideal vom Cowboy, Hilfssheriff, Sportsmann und Jäger. Auf Elk Horn verfasste er zudem zahlreiche Zeitungsartikel und Buchmanuskripte. 1886 wurde er von den Republikanern als Kandidat („The Cowboy of the Dakotas“) für das New Yorker Bürgermeisteramt nominiert, konnte sich aber gegen den Gegenkandidaten nicht durchsetzen. Im selben Jahr heiratete er Edith Kermit Carow (1861-1948), die er bereits seit Kindertagen kannte. Das Paar hatte fünf gemeinsame Kinder: Theodore (1887-1944), der als Brigadegeneral in Frankreich starb, Kermit (1889-1943), Ethel (1891-1977), Archibald (1893-1979) und Lieblingssohn Quentin (1897-1918), der im Ersten Weltkrieg als Pilot fiel. 1888 unterstützte Roosevelt den erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf von Benjamin Harrison, der ihn als Präsident 1889 in die die Bundesverwaltung überwachende United States Civil Service Commission berief. 1895 wechselte Roosevelt in das Amt des New Yorker Polizeipräsidenten. In den zwei Jahren seiner Amtszeit reformierte er den korrupten Polizeiapparat von New York City von Grund auf.

Seine konsequente Arbeit als Polizeipräsident und seine profunden Kenntnisse der Marinematerie waren entscheidend für Roosevelts Berufung zum Vize-Marineminister durch Präsident McKinley im Jahr 1887. In dieser Funktion gehörte Roosevelt zu der Politiker-Gruppe, die sich für die auf der spanischen Kolonial-Insel Kuba für die Unabhängigkeit kämpfenden Rebellen einsetzte und einem Krieg gegen Spanien befürwortete. Für den expansionistisch eingestellten Roosevelt war der Konflikt mit Spanien eine Möglichkeit, die „Frontier“ der USA zu verlegen. Den Untergang des US-Schlachtschiffs MAINE in kubanischen Hafen Havanna (1898) nahm Roosevelt zur Gelegenheit, eigenmächtig die US-Marine zu mobilisieren und somit den Konflikt mit Spanien zu verschärfen. Im darauf ausbrechenden Spanisch-Amerikanischen Krieg gab er sein Vize-Ministeramt auf, um ein Freiwilligen-Kavallerie-Regiment (1st United States Volunteer Cavalry), genannt „Rough Riders“, aufzustellen. Roosevelt kämpfte unter anderem siegreich bei der Schlacht am San Juan Hill (30. 6. 1898) und begründete dadurch seinen Ruf als mutiger Kriegsheld. 1899 wurde der ebenso reiche wie populäre Roosevelt zum Gouverneur von New York gewählt und ein Jahr später zum Vize-Präsidenten ernannt.

„Big Stick“, globale Expansion und Reformen: Roosevelts Präsidentschaft (1901-1909)

Der unerwartet durch den Tod McKinleys zum höchsten Staatsamt gelangte und 1904 wiedergewählte Roosevelt verfolgte eine Politik, die von Sozialdarwinismus sowie von Verklärung von Militär und Stärke geprägt war. Roosevelt war überzeugt von der Mission der USA als Weltmacht, die als eine Art Weltpolizist in Ausweitung der „Monroe-Doktrin“ (1823) zumindest in einer die Amerikas und den Südseeraum umfassenden Einflusssphäre notfalls mit dem „Big Stick“, also mit militärischer Intervention, legitim die Interessen der USA durchsetzen dürfte. Zu den besonders spektakulären Ereignissen seiner Präsidentschaft in der Außenpolitik gehörte Roosevelts Engagement in der strategisch für die USA bedeutsamen Panamakanal-Frage. Die USA kauften nicht nur die französische Gesellschaft, die das Panamakanal-Projekt begonnen hatte, 1902 auf, sondern verhalfen der kolumbianischen Provinz Panama mit militärischer Gewalt zur Unabhängigkeit. Das vollkommen von den USA abhängige Panama räumte den USA 1904 in einem Landstreifen rechts und links des (1914 eingeweihten) Kanals hoheitliche Rechte ein („Panamakanal-Zone“), die die USA bis 1999 in Anspruch genommen haben.

Die Kehrseite von Roosevelts aggressiver Politik war die pragmatische Einschätzung von globalen Machtverhältnissen, die ihm häufig friedliche Konfliktschlichtungskonzepte verfolgen ließen. So gelang es Roosevelt 1905 durch diplomatisches Geschick, die Friedensverhandlungen zwischen den Kriegsparteien Russland und Japan zu einem einvernehmlichen Ende zu bringen und so US-Interessen in Fernost zu schützen. Innenpolitisch galt Roosevelt als progressiv. Er stärkte Arbeitnehmerrechte und versuchte durch Anti-Trust-Gesetze die Macht von Großunternehmen zu beschränken. Mit dem offiziellen Empfang des schwarzen Bürgerrechtlers Booker T. Washington setzte Roosevelt in seinem ersten Amtsjahr ein Zeichen: Noch nie vorher war ein Afroamerikaner im Weißen Haus empfangen worden. Besonders populär und nachhaltig waren Roosevelts Bemühungen um den Erhalt der amerikanischen Natur. Auf Roosevelt geht die Gründung einer Anzahl von Nationalparks zurück.

Nach der Präsidentschaft

Roosevelt entschied sich 1909 für den Verzicht auf eine damals verfassungsrechtlich noch mögliche weitere Präsidentschafts-Kandidatur. Er ging auf eine ausgedehnte Großwildjagd in Afrika, bei der Roosevelt und seine Begleitung über 11.000 Tiere erlegten. Zum Teil wurden die Tiere präpariert und wissenschaftlichen Sammlungen zur Verfügung gestellt. Roosevelt, der mit dem Kurs seines Nachfolgers William H. Taft nicht einverstanden war, bemühte sich um eine erneute Präsidentschaftskandidatur. Nachdem die Republikanische Partei Taft favorisiert hatte, trat Roosevelt 1912 mit Unterstützung der reformerischen Republikaner-Abspaltung „Progressive Party“ gegen den Amtsverteidiger Taft und dessen demokratischen Herausforderer Woodrow Wilson an. Im Ergebnis wurden dadurch die republikanischen Stimmen auf Taft (3,5 Millionen Wählerstimmen) und Roosevelt (4,1 Millionen) verteilt und Wilson (6,3 Millionen) gewann die Wahl. Am 12. 10. 1912 schoss ein Attentäter bei einer Wahlveranstaltung auf Roosevelt, der aber nur leicht verletzt wurde und seine Wahlkampfrede fortsetzte. 1913/14 nahm Roosevelt noch einmal an einer großen Expedition teil. Bei dieser das brasilianische Amazonas-Gebiet erkundenden Forschungsreise zog sich Roosevelt erhebliche Gesundheitsschäden zu, an deren Folgen er im Winter 1918 schwer erkrankte. Am 6. Januar 1919 starb er in Oyster Bay auf Long Island an Herzschwäche.

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