Jimmy Carter

James Earl Carter jr., der weitgehend unter „Jimmy“ Carter bekannt ist, war zwischen 1977 bis 1981 Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Bis heute zählt er zu den diplomatischsten Präsidenten der USA, die stets darauf bedacht waren, militärische Konfrontationen durch direkte diplomatische Beziehungen zu umschiffen, selbst wenn es um Nationen ging, die den USA gegenüber feindlich gesinnt waren.

Trotz umstrittenen Karrierestart: Carter gilt bis heute als einer der sozial-liberalsten US-Präsidenten

Jimmy Carter wurde am 1. Oktober 1924 als Sohn von James Earl Carter sen. und Bessie Lillian Gordy in Plains im US-Bundesstaat Georgia geboren. Nach seinem Schulabschluss ging Carter an eine Akademie der US-Navy, wo er unter anderem in Testschiffen der Marine eingesetzt wurde. Anschließend ging er an die Universität Union College in New York, wo er Kernphysik und Ingenieurwesen studierte. Seine politische Karriere begann bereits in den Sechzigern, als er sich im Gemeindeschulrat seiner Heimatsstadt einsetzte.

Prägend war schon damals seine sozial-liberale Einstellung, der er auch in seiner Zeit als US-Präsident treu blieb. Seinen Durchbruch erreichte Carter 1966, als er die Wahl zum Gouverneur von Georgia gewann. Allerdings, das räumte er Jahre später selbst ein, auf Kosten schwarzer US-Bürger. Denn Wahlkampfhelfer Carters teilten damals Fotos aus, auf denen sein Konkurrent Carl Sanders mit schwarzen Mitbürgern zu sehen war. Dieser gezielte Schritt, Sanders unter den weißen Wählern zu diskreditieren, war letztlich der Grund, warum Carter die Wahl gewann – auf Kosten der schwarzen US-Bürger und damit nicht zuletzt auf Kosten seiner eigenen Überzeugungen. Bereits kurze Zeit nach seiner Wahl erklärte Carter immer wieder, falsch verstanden worden zu sein. Er sei, anders als es sein Wahlkampfteam es darstellte, kein Anhänger der Rassentrennung. Vielmehr sei dies ein Relikt vergangener Zeiten und mit den Werten der USA unvereinbar. Selbst seine Kritiker rechneten Carter dieses Statement hoch an: Immerhin war er damit der erste Gouverneur aus den Südstaaten, die sich öffentlich gegen die Rassentrennung aussprach und die Aufhebung entsprechender Gesetze verlangte.

Watergate und die politischen Folgen

Nachdem die Watergate-Affäre um den ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon bekannt wurde, trat dieser am 8. August 1974 zurück. Das Wahlsystem der USA sieht im Falle eines Rücktrittes keine Neuwahlen vor. Vielmehr wird der bisherige Vize-Präsident zum neuen US-Präsidenten. So gelangte Gerald Ford als erster und bis heute einziger Präsident der USA an die Macht, ohne dabei auch nur eine einzige Wahl gewonnen zu haben. Als 1976 die nächsten regulären Präsidentschaftswahlen anstanden, war die Republikanische Partei, der sowohl Nixon als auch Ford angehörten, wegen der Watergate-Affäre stark angeschlagen. Carter, der als Kandidat der Demokraten ins Rennen geschickt wurde, galt zwar für einige als Außenseiter, da er über ein verhältnismäßig unscharfes politisches Profil verfügte. Doch genau dies verhalf ihm letztendlich die Wahl zu gewinnen, da viele Amerikaner in ihm einen von dem bisherigen Skandal unbeschmutzten Politiker sahen, der einen Neuanfang versprach.

Freundschaftliche Diplomatie

Carters freundschaftliche Diplomatie mit vermeintlichen „Feinden der USA“ eröffnete den Amerikanern langfristig nicht nur neue Märkte. Schon zu Beginn seiner Präsidentschaft, deren Vereidigung Anfang 1977 erfolgte, setzte Carter außenpolitische Maßstäbe. Hier zeigte er, dass er der Unterscheidung und damit Diskriminierung einzelner Bevölkerungsgruppen und Völkern nicht nur in den USA entgegenwirken wollte, sondern auch international. Beispielsweise war es das von ihm ausgehandelte Abkommen zwischen den bis dato verfeindeten Nationen Israel und Ägypten, die einige Jahre später in dem Friedensvertrag zwischen den beiden Nahoststaaten führte.

Außenpolitik

Zu derselben Zeit läutete er eine neue Ära in der US-Außenpolitik ein: Er begann als erster Vertreter der USA Beziehungen zu der Volksrepublik China. Heute zeigt sich, wie sinnvoll der damalige Schritt Carters gewesen ist, ohne den der heutige wirtschaftliche Austausch, der für beide Seiten unverzichtbar geworden ist, nicht möglich gewesen wäre. Auch mit dem Iran bemühte sich Carter um ausgezeichnete Beziehungen. Ihn verband eine auch privat freundschaftliche Beziehung zu dem damaligen Regenten Irans: Schah Mohammad Reza Pahlavi. Zum Beispiel erlaubte er allein den Iranern, den damals neuesten und potentesten Kampfflieger der USA zu kaufen: die F-14 Tomcat. Außer den Iranern besaßen nur noch die Amerikaner selbst diesen Luftüberlegenheitsflieger. Im Iran sah Carter einen potenten „Statthalter“ der USA, die den Verbündeten der Sowjetunion im Zweifelsfall auch ohne amerikanische Hilfe die Stirn hätte bieten können. Doch die Aufrüstung Irans und einseitige Begünstigung des im eigenen Land umstrittenen Schahs wurde für Carter bereits einige Jahre später zum Problem. Überdrüssig von den undemokratischen Verhältnissen unter dem Schah und beeinflusst von den falschen Versprechungen des im Exil lebenden Oppositionellen Khomeini kam es im Iran zu einer Revolution, einer islamischen Revolution, die alles bis dahin Bestehende veränderte. Aus einem Freund wurde plötzlich ein Erzfeind; die US-iranischen Beziehungen brachen abrupt ab.

Iran: Aus dem einstigen engen Verbündeten der USA wird plötzlich ein erbitterter Feind

Die Situation eskalierte, als aufgebrachte Anhänger von Khomeini, der mittlerweile in den Iran zurückgekehrt war und die Macht an sich gerissen hatte, 1979 das Konsulat der USA in Teheran überfielen und das dortige Personal als Geiseln nahmen. Sie stellten die Freilassung der Geiseln unter dem Vorbehalt, den Schah, der inzwischen in die USA geflohen war, auszuliefern, was Carter aber kategorisch ablehnte. Es war für die USA eine entwürdigende Situation, in der US-Bürger und darüber hinaus solche, die unter diplomatischer Immunität standen, von ehemaligen Verbündeten gefangen wurden. So arbeitete das Weiße Haus Pläne für die Operation „Eagle Claw“ aus. Geplant war, dass US-Einheiten auf das Territorium Irans mit Flugzeugen und Hubschraubern abgesetzt werden sollten, um die Gefangenen zu befreien und heimzuholen. Doch der Plan misslang gewaltig. Schon zu Beginn streikten einige der an der Operation beteiligten Hubschrauber den Dienst. Die gelandeten US-Soldaten wurden von einem iranischen Lastkraftwagen überrascht.

Obwohl Carter ausdrücklich jede Art von Gewaltanwendung verboten hatte, erschossen die überraschten Soldaten den Lastkraftwagenfahrer, der wahrscheinlich aus Angst der Aufforderungen der US-Soldaten zum Anhalten nicht nachkam und fliehen wollte. In der Zwischenzeit landeten weitere Transportflugzeuge und Hubschrauber der Amerikaner. Doch bereits bei der Landung wurde klar, dass weitere Flugzeuge defekt waren. Angesichts dieses Umstandes war die Mission bereits gescheitert, bevor sie begonnen hatte. Denn selbst wenn die Geiseln befreit werden würden, könnten sie nicht ausgeflogen werden, weil es an genügend Platz in den Fliegern fehlte. So zogen sich die US-Truppen unerledigter Dinge wieder zurück. Die Geiseln wurden erst 1981 nach diplomatischen Verhandlungen mit dem Iran freigelassen.

Jimmy Carter spricht sich noch heute für Diplomatie anstelle militärischen Eingreifens aus

Nach den tragischen Ereignissen im Iran sowie dem Einmarsch der Sowjets in Afghanistan verlor Carter viel an Zuspruch im eigenen Land. Getrieben vom Wahlkampfteam seines Herausforderers, Ronald Reagan, die USA bräuchten wieder einen „starken“ Führer, kam Carter in den Ruf, außenpolitisch versagt zu haben, obwohl er für die Ereignisse im Iran und in Afghanistan keine Verantwortung hatte. Trotzdem verlor er die Präsidentschaftswahl 1980 gegen Reagan. Allerdings verabschiedete er sich nicht aus der Politik, sondern ist bis heute ein gern gesehener Politexperte – vor allem für Fragen zum Nahen Osten. Aus seinen Erfahrungen mit den Iranern vertritt Carter noch heute die Ansicht, faire Diplomatie für US-Interessen effektiver sei als militärisches Eingreifen. So wandte er sich mehr als einmal öffentlich gegen die Pläne Israels, den Iran wegen dessen vermeintlichen Atomwaffenprogramms angreifen zu wollen, was nach der Meinung Carters nicht nur internationales Recht verletzen würde, sondern darüber hinaus die militärischen Möglichkeiten Israels weit übersteigen würde.

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