Albert Schweitzer

Am 14. Januar 1875 wurde der spätere Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer als Sohn des Stellvertreters im Pfarramt des elsässischen Kaysersberg und einer Pfarrerstochter geboren. Seine Herkunft prägte ihn dahingehend, dass er nicht nur Arzt – als der er wohl den meisten bekannt ist – sondern schon vor seinem Medizinstudium evangelischer Theologe, Organist, Doktor der Philosophie und Pazifist war.

Der Arzt Albert Schweitzer

Albert Schweitzer begann 1905 sein Medizinstudium in Straßburg mit einem konkreten Ziel vor Augen. Sein Plan war, als Missionsarzt in das afrikanische Land Gabun zu gehen. Um sein Vorhaben überhaupt angehen zu können, bedurfte es einer Sondergenehmigung für seine Immatrikulation an der Universität, an der er bereits als Dozent für Theologie tätig war. Im Jahr 1913, ein Jahr nach seiner Heirat mit Helene Bresslau, schloss Schweitzer das Medizinstudium erfolgreich ab und ging nach Afrika. Im Alter von nur 38 Jahren hatte er bereits in drei Fächern einen Doktortitel erworben und war außerdem Professor. Im heutigen Gabun errichtete Albert Schweitzer noch im gleichen Jahr sein berühmtes Urwaldhospital Lambaréne, das bis heute besteht. Die Wirren des 1. Weltkriegs erreichten die Familie Schweitzer auch im entfernten Afrika. Als Deutsche wurde die Familie 1917 von der französischen Armee verhaftetet und nach Frankreich überführt, wo sie bis 1918 interniert war. In der Zeit der Haft verfasste Schweitzer seine ethische Abhandlung über die „Ehrfurcht vor dem Leben“. Nach Ende des 1. Weltkriegs kehrte das Ehepaar ins Elsass zurück, das an Frankreich angeschlossen wurde. Nunmehr französischer Staatsbürger trat Albert Schweitzer eine Stelle als Assistenzarzt in Straßburg an, kehrte aber bereits 1924 wieder nach Afrika zurück, um dort seine Arbeit fortzusetzen.

Der Philosoph und Theologe Albert Schweitzer

In seiner Lehre der „Erfurcht vor dem Leben“ verdeutlicht Schweitzer umfassend seine Weltanschauung, die von seinem christlichen Hintergrund und seiner generellen Ablehnung von Krieg und Gewalt rührt. Nach Schweitzers These erkennen Menschen einander als Brüder, sobald sie jeweils über ihr Selbst und ihre Grenzen nachdenken. Diese so entstandene Solidarität weitet sich nach seiner Vorstellung mit der Zeit auch über das nähere Umfeld hinaus aus und wird endlich menschheitsumfassend. Sittliche Werte wie Moral, Gewissen und Ethik spielen bei Schweitzer eine große Rolle, sind aber keine Folgen von Erkenntnissen, sondern bewusste Willensentscheidungen. Für Schweitzer ist es eine Entscheidung des Willens, seine Ängste zu überwinden und im zwischenmenschlichen Bereich Herzlichkeit und Wärme an den Tag zu legen. Doch Albert Schweitzer beschränkt seine Theorien und die daraus folgernden Schlüsse nicht auf den Menschen – er umfasst alle Kreaturen. Eine logische Konsequenz aus seinem Mitleid, auch mit Tieren, war für Schweitzer, dass er sich nur noch vegetarisch ernährte.

Im Pazifismus sah der Philosoph den einzigen Ausweg aus der ständigen Aufrüstung zur Abschreckung der Großmächte. Trotz aller Ängste, die sich daraus entwickeln könnten, empfahl er die einseitige Abrüstung. Den Mut dazu bezeichnete er als Verantwortung des Menschen, zwischen Krieg und Frieden zu entscheiden. Zentrales Thema des Theologen Albert Schweitzer war das Leben Jesu. Seine Dissertation trug bereits den Titel „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“. Ein weiterer Schwerpunkt seiner theologischen Gedanken war die Mystik, besonders inspiriert durch den Evangelist Paulus. Mit seiner Deutung des Jesu Lebens als auch mit seinen Ansichten zu Paulus stand er jedoch in der theologischen Welt recht allein. Kaum jemand aus diesem Bereich folgte seinen Anschauungen.

Der Organist Albert Schweitzer

Neben seiner Passion als Organist war Schweitzer auch Musikwissenschaftler und in der Theorie des Orgelbaus sehr bewandert. Als Interpret der Musik von Johann Sebastian Bach gilt er als stilbildend für das 20. Jahrhundert. Von Bedeutung ist auch hier sein Glaube. Für ihn war eine Trennung von Musik und Theologie nicht möglich. Der andauernde Ton der Orgel symbolisierte für Schweitzer die Ewigkeit. Was nur wenigen bekannt ist, ist die Tatsache, dass Schweitzer auch Schallplattenaufnahmen seiner Bach-Interpretation gemacht hat. Mit den Erlösen hieraus und aus seinen Konzerten finanzierte er seine karitative Arbeit in Lambaréne neben den Spenden.

Der Mensch Albert Schweitzer und die Politik

Obgleich ein hochpolitischer Mensch, scheute Schweitzer politische Auseinandersetzungen. Beim Thema atomare Rüstung jedoch engagierte er sich. Für dieses Engagement erhielt Albert Schweitzer 1953 rückwirkend für 1952 den Friedensnobelpreis. Albert Einstein und Otto Hahn baten ihn, seine Popularität im Kampf gegen die Atombombe einzusetzen. Als gewissenhafter Mensch befasste er sich erst eingehend mit der Materie, ehe er sich 1957 offiziell über Radio mit einem „Appell an die Menschheit“ zu Wort meldete. Diesem Appell folgten noch drei weitere, die schließlich alle unter dem Titel „Friede oder Atomkrieg“ zusammengefasst wurden. Sein politisches Engagement, begründet in seinen philosophisch-theologischen Überzeugungen, erhielt nicht nur positives Echo. Gegner warfen ihm vor, den Westen mit seinen Forderungen nach Abrüstung, notfalls auch einseitig, einer großen Gefahr auszusetzen. Schweitzer führte ein ereignisreiches Leben. Sein Wissensdurst, seine moralisch-ethische Grundhaltung, sein Glaube, sein Pazifismus und seine Liebe zur Musik prägten sein Denken und sein Handeln. Er erhielt bis zu seinem Tod am 4. September 1965 in Lambaréne zahlreiche Auszeichnung, verfasste unzählige Schriften zu verschiedenen Themengebieten und wurde auch immer wieder mit Gegnern seiner Arbeit und seines Denkens konfrontiert. Trotzdem hielt er unbeirrt an seinen Überzeugungen fest.

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