Industrialisierung in Australien

Eine der maßgeblich am Beginn der sogenannten „Industriellen Revolution“ beteiligten Nationen war in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts und den Folgejahrzehnten Großbritannien. Als Teil des britischen Empire, wenn auch zu Beginn als Kolonie für Strafgefangene genutzt, kam auch Australien so bereits recht früh in den Genuss technologischer Entwicklungen, die in Großbritannien den Weg zur Industrialisierung ebneten. Gerade im Wirtschaftsbereich und in der Entstehung einer funktionierenden Infrastruktur nahm die Industrialisierung großen Einfluss auf die Entwicklung von Australien. Zwar lässt sich bei genauerer Betrachtung der Thematik eine gewisse zeitliche Verzögerung technologischer Entwicklungen gegenüber der Industrialisierung Europas feststellen, doch diese beträgt trotz der großen geographischen Distanz höchstens 40-50 Jahre.

Verkehr und Infrastruktur

Aufgrund der schieren Größe des Landes nahm die Industrialisierung im Bau von Verkehrsverbindungen ihren Anfang. Von 1789 bis 1791 wurde auf dem südlichsten Kontinent die erste Straße gebaut, die die Orte Sydney und Parramatta verband. 1854 wurde diese neue Form des Waren- und Personenverkehrs durch die erste Eisenbahnlinie Australiens ergänzt, die den Hafen von Melbourne mit der eigentlichen Stadt verband und die das sogenannte „Zeitalter der Dampfmaschinen“ auch im noch wenig industriell geprägten Australien einläutete. In den Folgejahren entstanden weitere Bahnstrecken, die meist von privaten Gesellschaften geführt und betrieben wurden. Diese unterschiedlichen Betreiber führten in späteren Jahren zum Problem unterschiedlicher Spurweiten im Bahnbetrieb.

Diese Problematik, die Passagiere der Bahn zum oftmaligen Umsteigen zwang und auch das Umladen von Waren notwendig machte, wurde erst im Jahr 1970 durch eine Vereinheitlichung der Spurweiten (zumindest auf den wichtigen und vielbefahrenen Strecken wie zwischen Sydney und Perth) wieder gelöst. Der Warenverkehr Australiens wird bis heute größtenteils auf dem nun ausgebauten Schienennetz abgewickelt, was ein gutes Beispiel dafür ist, wie Grundlagen, die während der Zeit der Industrialisierung gelegt wurden, bis heute die Wirtschaft eines Landes maßgeblich beeinflussen können.

Industrialisierung und Soziales

Ein weiteres Kennzeichen der „Industriellen Revolution“ ist außerdem der große Expansionsdrang von Unternehmen und Privatpersonen. Australien verwandelte sich in dieser Zeit von einem Kontinent, dem der zweifelhafte Ruf der ehemaligen Strafkolonie anhaftete, zu einem Ziel für Emigranten aus Europa und den USA, die während einer Zeit des aufstrebenden Kapitalismus ihr Glück an Orten versuchten, in denen wichtige Merkmale der Infrastruktur erst in den Kinderschuhen steckten.

Fortschreitende Technologisierung und ein erstmals weltumspannender Handel führten in den bereits industrialisierten Staaten zu einem Bevölkerungswachstum und höherem Wohlstand der Mittelschicht. Dieser Wohlstand wiederum zeichnete sich dafür verantwortlich, dass Import und Export von Waren möglichst sinnvoll und unter Verwendung moderner Technik reibungslos umgesetzt wurden.

Doch nicht nur der Mittelstand konnte von einer aktiveren Wirtschaft profitieren. Selbst für ärmere Teile der Bevölkerung wurden erstmals bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne festgesetzt. Gerade diese monetäre Unterstützung sicherte Australien eine große Bandbreite von verschiedenen Einwanderern, die in neuen Betätigungsfeldern eingesetzt werden konnten und zu einem weiteren Erstarken der noch jungen Industrie führten. Die Nachfrage nach Luxusartikeln stieg auch in Australien an. Als „Trend“ in London bereits etabliert stieg beispielsweise im Laufe der frühen Industrialisierung die Nachfrage nach Fahrrädern.

Auch der landwirtschaftliche Bereich, der in Australien bis heute eine wichtige Stellung einnimmt, profitierte von der Einführung von Sämaschinen und anderen Hilfsmitteln, die dazu beitrugen, die angewachsene Bevölkerung sinnvoll zu versorgen. Im späteren Verlauf der technologischen Entwicklung gewannen allerlei andere Artikel zusätzlich an Bedeutung, wie zum Beispiel, Grammofone oder die ersten Schreibmaschinen, die den Arbeitsalltag der Menschen maßgeblich beeinflussten und erleichterten.

Industrialisierung und Wissenschaft

Mit der steigenden Nachfrage nach Technologie stieg gleichzeitig auch die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften in verschiedenen Bereichen. Um nicht bei sämtlichen Ausbildungsmaßnahmen von der Kolonialmacht Großbritannien abhängig zu sein, wurde im Jahr 1850 die erste Universität Australiens in Sydney mit dem „University of Sydney Act“ gegründet und zwei Jahre später eröffnet. Diese Entwicklung hatte einige Jahrzehnte später weitere gesellschaftliche und wissenschaftliche Umwälzungen zur Folge, als 1881 die Türen der Universität Sydney auch für Frauen geöffnet wurden.

Australien nahm hier als eine der ersten Nationen weltweit eine Vorreiterrolle in der Ausbildung von Fachkräften ein und rückte Bildung ins Zentrum der Gesellschaft, unabhängig von sozialem Status oder Geschlecht. Außerdem verfügte Königin Victoria bereits kurz nach der Gründung der Universität, dass sämtliche dort erworbenen Titel und Qualifikationen mit denen gleichzusetzen seien, die man an Universitäten in Großbritannien erwerben könne. Diese Erklärung leistete einen wichtigen Beitrag zur technologischen und wissenschaftlichen Unabhängigkeit von Australien, lange bevor die Umwandlung von einer Kolonie in einen eigenständigen Staat erfolgte.

Die ursprünglichen Strukturen der Universität Sydney ähnelten sehr den europäischen Vorbildern. Zwischen 1880 und 1891 hielt aber auch an der Universität der technische Fortschritt Einzug und die erste Fakultät für Ingenieurswesen wurde gegründet. Zeitgleich wurden auch Professorenstellen ausgeschrieben, die sich dem Forschungsbereich widmeten, der wiederum die selbständige wirtschaftliche und technologische Weiterentwicklung des Landes förderte.

Wirtschaft und Industrie heute

Die frühe Entwicklung zu einer Industrienation hin, lässt sich auch noch heute in Australien anhand zahlreicher starker Wirtschaftszweige erkennen. Die Förderung verschiedener Bodenschätze wie Kohle, Eisenerz, Uran und Gold nahm ihren Anfang bereits während der Industrialisierung und trägt auch heute noch maßgeblich zu den Einkünften des Landes bei. Auch die Landwirtschaft, besonders Getreideanbau, Schaf- und Rinderzucht, ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, dessen Grundstein ebenfalls in den 1850er Jahren gelegt wurde. Nicht zuletzt der florierende Außenhandel, der eine lange Tradition in der australischen Geschichte hat, trägt auch heutzutage noch dazu bei, dass sich Australien als erfolgreiche Industrienation sehen kann.

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