Globalisierung in Australien

Australien bildet unter den Staaten der abendländisch geprägten Welt eine Ausnahme, was die Globalisierung betrifft. Denn zum einen ist das Land aufgrund seiner Geschichte und Entwicklung bestens auf die Globalisierung eingestellt. Zum anderen aber musste die Wirtschaftspolitik von Australien in einem schwierigen Prozess seit den Achtzigern Jahren an die moderne Realität des internationalen Handels angepasst werden. Auch wenn viele der hiermit zusammenhängenden Probleme inzwischen gelöst sind, hat Australien, wie alle anderen Staaten auch, noch einen weiten Weg vor sich, was seine Einbindung in einer globalisierten Welt betrifft. Da Australien aber als Nation noch jung ist, zeigt es sich auch als anpassungsfähiger. Hierfür ist nicht zuletzt die Vielzahl verschiedener Kulturen verantwortlich, die in Australien im Zuge der Einwanderung eine neue Heimat gefunden haben.

Australien – ein frühes Produkt der Globalisierung

Australien entstand als unabhängiger Staat erst 1901. Zuvor war es eine Kolonie im Rahmen des britischen Commonwealth. Noch heute ist Königin Elisabeth II. das Staatsoberhaupt des Landes. Die erste Bürgerin von Australien wohnt damit genau auf der anderen Seite der Erdkugel. Nach der Entdeckung Australiens im späten achtzehnten Jahrhundert durch den britischen Kapitän und Forscher James Cook kam es zu einem Wettstreit zwischen dem britischen Empire und Frankreich, was die Kolonialisierung sowohl Australiens als auch Tasmaniens betraf.

Der australische Kontinent war damit von Anfang der Spielball internationaler wirtschaftlicher Interessen. Nachdem sich England in diesem Wettstreit durchgesetzt hatte, wurden die neuen Territorien Australiens vor allem als Strafkolonien benutzt. Die ersten neuen Einwohner des fünften Kontinents waren daher nach Australien abgeschobene Verbrecher. Diese Tatsache prägte auf lange Zeit in negativer Weise den Ruf Australiens. Als Teil des britischen Empire kam es in Australien zunächst zu keiner eigenständigen wirtschaftlichen Entwicklung. Neben der Agrarproduktion waren es vor allem ab 1851 einsetzende Goldfunde, die das Land für England wirtschaftlich interessant machten. In jedem Fall war die Wirtschaft des Landes von außen beherrscht, fremd bestimmt und durchreguliert.

Nach der Unabhängigkeit

Auch nachdem sich Australien im Jahre 1901 für unabhängig erklärt hatte, blieben die engen wirtschaftlichen Verbindungen zum früheren Mutterland weiter bestehen. So löste der australische Dollar erst 1966 das britische Pfund Sterling als Landeswährung ab. Im gleichen Jahr wurde außerdem das metrische System eingeführt, was ebenfalls ein Zeichen der Abnabelung von Groß Britannien darstellte. Zu einer weiteren massiven Veränderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Australien und dem Vereinigten Königreich kam es schließlich, als Groß Britannien im Jahr 1973 der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft beitrat. Die EWG war vor allem darum bemüht, die Landwirtschaft Europas zu stützen und vor außereuropäischer Konkurrenz zu schützen.

Da Australiens Wirtschaft, was den Export betraf, vor allem Agrarprodukte herstellte, führte die protektionistische Haltung der EWG zu einer handfesten Krise. Denn Ausfuhr von Bodenschätzen konnte die Verluste im landwirtschaftlichen Bereich nicht kompensieren. Zur Lösung der Probleme wurden eine Reihe von Verträgen zwischen der Europäischen Union und Australien geschlossen. So kam es 1997 zu einer „gemeinsamen Erklärung“ und im Jahr 2008 zu einem weiteren Partnerschaftsabkommen. Die Europäische Union ist weiterhin der wichtigste internationale Handelspartner Australiens. Um im Zuge der Globalisierung zu bestehen wurden zusätzlich Freihandelsabkommen mit Neuseeland, Thailand, Singapur sowie mit den Vereinigten Staaten von Amerika abgeschlossen. Neben Landwirtschaft und Bodenschätzen hat sich mit über vier Millionen Besuchern jährlich der Tourismus zu einer weiteren wirtschaftlichen Säule Australiens entwickelt.

Bodenschätze

Australien ist ein Land der Bodenschätze. Der Abbau von Uran, Kohle, Eisenerz, Diamanten, Gold und anderen Mineralien ist ein wichtiger Wirtschaftszweig des Landes. Australien verfügt über das reichhaltigste Weltvorkommen an Seltenen Erden und ist der weltweit wichtigste Tantal-Exporteur. 90 % der Opal-Weltproduktion stammen aus Australien. Australiens Landwirtschaft liefert 29 % aller Wolle weltweit. Im Zeitalter der Globalisierung und des weltweit stetig steigenden Bedarfs an Rohstoffen boomt die Exportindustrie eines mit Bodenschätzen so reich gesegneten Landes. Die Förderung von Kohle und Eisenerz wurde innerhalb weniger Jahre um mehr als 100 Millionen Tonnen gesteigert, während sich der Preis versiebenfachte. Insbesondere Chinas Bedarf an Eisenerz ist kaum zu befriedigen.

Globalisierung auf wirtschaftlicher Ebene

Australien ist Mitglied mehrerer Wirtschaftsverbände, u. a. der WTO und der G20. Es hat Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten, Thailand, Singapur und anderen Staaten abgeschlossen. Die Volkswirtschaften von Australien und Neuseeland haben sich durch den ANZCERTA-Vertrag eng miteinander verschränkt. Wie nah die Weltwirtschaft an Australiens Rohstoffförderung gebunden ist, hat im Jahr 2011 die Überschwemmung des Kohleminen-Bundesstaates Queensland gezeigt. Eine Fläche von der Größe Deutschlands und Frankreichs zusammen wurde vom Wasser begraben. Ein Drittel der australischen Kohleförderung lag brach. Die Folge waren steigende Kohlepreise, Anstieg der Produktionskosten für Stahl und Preissteigerung z. B. in der Auto- und Maschinenbauindustrie. Insbesondere Japan und Korea sind von australischen Rohstoffen abhängig, aber auch China, Taiwan, Indien und Europa.

Globalisierung auf politischer und gesellschaftlicher Ebene

Die Wirtschaft Australiens hat lange Zeit nach dem Modell einer gelenkten Volkswirtschaft funktioniert. Doch der Rohstoffhunger und die Anbindung an die Weltwirtschaft haben dem Kontinent unter den OECD-Staaten die höchsten Wirtschaftswachstumsraten beschert. Das Pendel ist von staatlicher Regulierung zu einem ungebundenen Unternehmertum umgeschwungen. Dabei ist wie überall in der globalisierten Welt die Tendenz zu Macht- und Finanzzusammenballungen zu beobachten. So wird beispielsweise der australische Abfall seit 2012 von einem deutschen Recycling- und Entsorgungsunternehmen abgefahren, das damit in seiner Branche zum fünftgrößten Dienstleister weltweit aufsteigt.

Die Globalisierung und das mit ihr weltweit geschärfte Augenmerk auf den Umweltschutz hat Australiens Politiker 2007 zur Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls bewogen. Auch die Verlängerung des Protokolls wird von Australien mitgetragen. Durch den Reichtum an Kohlevorräten besitzt der Kontinent kein Atomkraftwerk. Die emissionsreiche Kohlestromproduktion ist jedoch seit Kyoto in die Kritik geraten. Australien, einst führend in der Nutzung solarer Energie, ist gegenüber Ländern wie Deutschland ins Hintertreffen geraten. Der Politik rückt immer mehr ins Bewusstsein, dass hier ein riesiges Potenzial vertan wird. Australien ist ein Einwanderungsland. Fast die Hälfte der Bevölkerung setzt sich aus im Ausland Geborenen und aus deren Kindern zusammen. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft ist nach vierjährigem Aufenthalt im Land möglich.

Die Einwanderung ist weiterhin stark und wurde nur durch die weltweite Finanzkrise vorübergehend gesenkt. Eine alternde Bevölkerung langfristig und kurzfristig der durch die boomende Wirtschaft ausgelöste Fachkräftemangel machen die Einwanderung weiterhin politisch wünschenswert. Doch die Politiker sehen in dieser Hinsicht auch mit Sorge in die Zukunft. Klimaerwärmung und schmelzende Polarkappen gefährden den gesamten Südseearchipel und könnten dem australischen Kontinent eine ungeheure Flüchtlingswelle bescheren. Sicherheitspolitisch rückt Australien näher mit der Welt zusammen. Australische Streitkräfte haben z. B. zusammen mit den Deutschen in Afghanistan operiert. Die NATO denkt über eine engere globale Partnerschaft mit dem Kontinent nach.

Globalisierung auf Umweltebene

In keinem anderen Gebiet der Erde macht sich die Erderwärmung dramatischer bemerkbar als auf dem australischen Kontinent. Australien ist extremes Wetter gewohnt: Schwere Überschwemmungen und lange Dürrezeiten gehören zur Klimageschichte des Landes. Dennoch sind Veränderungen zu beobachten, die sich aus dem üblichen Witterungsverlauf nicht erklären lassen. Zum Beispiel steigt der Meeresspiegel an den australischen Küsten schneller noch als im globalen Durchschnitt an. Innerhalb von 60 Jahren ist eine mittlere Erwärmung von 0,9 ° C zu beobachten. Die Frühjahrsniederschläge in den nördlichen Landesteilen sind stärker geworden, während der Süden immer trockener wird. Dabei liegen die Kohlendioxid-Emissionen Australiens immer noch auf Rekordniveau. Nach den Jahren der Finanzkrise ist sogar wieder ein jährlicher Anstieg der Emissionen zu verzeichnen, trotz Kyoto-Protokolls und wachsenden Umweltbewusstseins.

Der Süden Australiens bildet das größte unter dem Ozonloch liegende, von Menschen besiedelte Gebiet der Erde. Australiens Landwirtschaft kämpft mit der zunehmenden Austrocknung der Böden. Seit Jahren muss das Wasser für die Farmen rationiert werden. Die anhaltende Dürre führt zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise und zu einer wachsenden Unrentabilität der Landwirtschaft. Australien kämpft aufgrund der globalen Erwärmung, der massiven Ressourcenausbeutung und des Emissionenanstiegs um die Erhaltung seiner einmaligen Natur. Bedroht ist unter anderem die größte Touristenattraktion des Landes, das Great Barrier Reef. Die Korallenpopulation ist durch die Erwärmung des Wassers ebenso bedroht wie durch den Fischfang am Reef. Flussbegradigungen lassen Australiens größtes Flusssystem, das Murray Darling, in Dürrezeiten extremer trocken fallen. Durch Buschfeuer, aber auch durch Brandrodungen sind seltene Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Selbst eines von Australiens ‚Wappen‘-Tieren, der Koala, steht wegen der Dezimierung seiner Lebensräume auf der Liste der bedrohten Arten. Der Bestand der tropischen Regenwälder von Nordqueensland ist durch starke Abholzung gefährdet. Vor einem besonderen Problem früher Globalisierung steht Australien im Hinblick auf die mit dem Menschen eingewanderten, nicht indigenen Tierarten. Hunde und Katzen und andere Nutz- und Haustiere bedrohen die kleinen, nur auf dem Kontinent anzutreffenden Säugerarten.

Als besonders schädlich hat sich das Kamel erwiesen. Von den Europäern im 19. Jahrhundert eingeführt und später sich selbst überlassen, beläuft sich die Population wild lebender Dromedare auf ca. 1 Million. Die in immer größeren Raten sich vermehrenden Tiere gefährden Teile des australischen Wüstenökosystems. Sie belagern isolierte Gemeinden, zerstören Wasserstellen, Weideland und Kulturstätten der Aborigines. Aber auch die weltweite Reaktion auf die Dezimierung der Kamele durch Keulung sind Teil der globalisierten Welt: Britische Tierschützer nannten Australien ein Dritte-Welt-Land und forderten seinen Ausschluss aus der G20-Gruppe.

Wirtschaftspolitik Australiens im Zuge der Globalisierung

Die erwähnten Schwierigkeiten beim Export in die Europäische Union waren Teil der wirtschaftlichen Probleme, welche Australien bis in die Achtziger Jahre hinein in eine tiefe Rezession stürzte, welche zu hohen Arbeitslosenzahlen auf dem fünften Kontinent führte. Viel wesentlich für diese negative Entwicklung war allerdings die Tatsache, dass sich Australiens Wirtschaft seit den Zeiten der Kolonialisierung nicht wirklich weiter entwickelt hatte. Es handelte sich weiterhin um eine gelenkte Volkswirtschaft mit klaren Vorgaben der Politik.

Um im Zuge der Globalisierung bestehen zu können, war eine tiefgreifende Deregulierung der Verhältnisse erforderlich. Hierzu zählte auch die Privatisierung staatlicher Unternehmen, die zu mehr Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt führte. Begonnen wurden die hierfür getroffenen Maßnahmen in den Achtziger Jahren durch die damals unter dem Premierminister Bob Hawke regierende Labor Party. Der damalige australische Wirtschaftsminister Paul Keating sprach von einer Rezession, die Australien „haben musste“.

Erst durch den wirtschaftlichen Druck kam es zu einem Veränderungswillen auf Seiten der Politik. Die beschlossenen Gesetzesänderungen griffen und bereits in den Neunziger Jahren wies Australien mit die höchsten Raten in Sachen Wirtschaftswachstum innerhalb der OECD Staaten auf. Es kam zu einem massiven Rückgang der Arbeitslosenzahlen und einer Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei den australischen Unternehmen. Diese liberale Wirtschaftspolitik wird bis heute durch die politischen Entscheidungsträger fortgesetzt, wodurch die Volkswirtschaft Australiens zu eine der freiesten in der gesamten Welt geworden ist. Allerdings gibt es kritische Stimmen, die bemängeln, dass der wirtschaftliche Aufschwung fast ausschließlich auf Kosten von Arbeitnehmern und sozial Schwachen bewerkstelligt wurde. Heute würde es vielen in Lohn und Brot stehenden Menschen wirtschaftlich schlechter gehen als Arbeitslosen vor dem Beginn der Reformen.

Viele Einwanderer

Insofern besteht in Australien weiterhin Anpassungsbedarf an die sich immer schneller verändernden weltweiten Rahmenbedingungen der globalisierten Wirtschaft. Diese birgt für Australien jedoch nicht nur Risiken sondern auch eine Fülle von Chancen. Denn in Australien gibt es, ähnlich wie in den Vereinigten Staaten von Amerika, eine große Zahl bedeutender Minderheiten. Die australischen Ureinwohner machen nur gut zwei Prozent der Bevölkerung Australiens aus.

Die wichtigste Einwanderergruppe stammt aus Europa. Sie stellt gut neunzig Prozent der Bevölkerung. Innerhalb dieser Gruppe sind es vor allem britische und irische Einwanderer, die den fünften Kontinent bevölkern. Doch mit mehr als 800.000 Einwohnern gibt es eine bedeutende italienische Minderheit. Kaum kleiner ist der Anteil der deutschstämmigen Bevölkerung. Hinzu kommen etwa 350.000 Griechen und gut 400.000 Einwanderer aus verschiedenen osteuropäischen Ländern. Nachdem in den Sechziger Jahren die „weiße Einwanderungspolitik“ Australiens aufgegeben wurde, sind auch bedeutende chinesische, indische und pakistanische Minderheiten entstanden. Dies führt zu einer besseren kulturellen wie auch wirtschaftlichen Anpassungsfähigkeit an internationale Bedingungen, da sich beispielsweise Muttersprachler für so gut wie jede Weltregion problemlos rekrutieren lassen.

Hinzu kommt, dass die Bevölkerung Australiens mehrheitlich modern im Denken ist. Denn 92 Prozent der Australier wohnen in Städten und nur eine kleine Minderheit auf dem Land. Durch die starke Urbanisierung und die bunte ethnische Mixtur des Landes ist Australien in vielen Dingen den Herausforderungen der Globalisierung besser gewachsen, als eine Vielzahl anderer westlicher Staaten.

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