Industrialisierung in den USA

Die Industrialisierung in den Vereinigten Staaten von Amerika fand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts statt. Historiker und Wirtschaftsexperten datieren den industriellen Aufschwung auf den Zeitraum zwischen 1865 bis 1890. Tatsächlich kam es aber bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu wichtigen sozialen und ökonomischen Veränderungen, die den späteren industriellen Aufschwung begünstigten.

Erfindung der Eisenbahn als wichtiger Faktor

So spielte die Erfindung der Eisenbahn eine wesentliche Rolle. Durch die staatliche Förderung des Eisenbahnbaus gab es in den 1860er Jahren erstmals eine durchgängige Verbindung zwischen der Atlantik- und Pazifikküste. Den Ausbau des Schienennetzes trieben insbesondere die beiden Eisenbahngesellschaften Central Pacific und Union Pacific voran. Insgesamt investierten Staat und Wirtschaft mehr als vier Milliarden Doller in den Ausbau des Schienennetzes.

Der Aufstieg der Eisenbahn war rasant. Während in den 1860er Jahren das gesamte Schienennetz lediglich 35.000 Meilen betrug, wuchs es in den kommenden 40 Jahren auf über 200.000 Meilen an. Durch die Verbreitung der Eisenbahn konnten Güter und Personen auf dem nordamerikanischen Kontinent erstmals schnell und barrierefrei von Ost nach West und West nach Ost transportiert werden.

Schnelle Expansion Richtung Westen

Die Expansion Richtung Westen verlief dank der Eisenbahn in einem Rekordtempo. Städte wie Los Angeles und San Francisco erlebten einen demografischen und wirtschaftlichen Aufschwung. Es entstanden erstmal wirtschaftliche und politische Zentren im Westen der Vereinigten Staaten. Begünstigt wurde die Besiedlung des Westens zusätzlich durch den sogenannten „Gold Rush“. Bereits in den 1850er Jahren zogen Tausende von Siedlern vom Osten der USA in den Westen, um dort ihr Glück bei der Goldsuche zu finden. An Goldadern entstanden innerhalb kürzester Zeit neue Städte.

Die mediale Berichterstattung über die angeblich unerschöpflichen Goldvorkommen beschleunigte die Ansiedlung in Bundesstaaten wie Kalifornien oder Colorado. Tatsächlich versiegten die Goldadern relativ schnell. Goldgräberstädte wurden in der Folge schnell wieder verlassen – die berühmten Ghost Towns entstanden. Der wahre Aufschwung erfolgte durch den Abbau anderer Bodenschätze: Eisenerze, Kupfer und Blei sollten in den kommenden Jahren den eigentlichen Grundstein des wirtschaftlichen Aufschwungs in den Vereinigten Staaten darstellen.

Expansion der Stahl- und Eisenindustrie

Der Grund dafür lag in der Expansion der Stahl- und Eisenindustrie in Nordosten der Vereinigten Staaten. Auch wenn im Westen Bodenschätze weiter verbreitet waren, profitierte der Osten sehr viel stärker vom Rohstoffreichtum. Diese wurden mit der Eisenbahn in Städte wie Pittsburgh, Milwaukee oder Detroit transportiert. Diese erlangten aufgrund ihrer industriellen Produktion eine enorme wirtschaftliche Bedeutung.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden über 80 Prozent aller Industrieerzeugnisse der Vereinigten Staaten im sogenannten Manufacturing Belt hergestellt. Begünstigend wirkte dabei, dass die Amerikaner eine protektionistische Wirtschaftspolitik betrieben. Wer Güter in die Vereinigten Staaten exportieren wollte, musste hohe Schutzzölle zahlen. Davon profitierte vor allem die inländische Wirtschaft im Osten der Vereinigten Staaten.

Auswirkungen der Industrialisierung

Die Auswirkungen der Industrialisierung zeigten sich vor allem in zwei Phänomenen. Zum einen gab es einen enormen Urbanisierungsprozess. Die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Industrie, die wiederum ihre Standorte in den amerikanischen Städten hatten, wuchs stark an. Das stärkste Bevölkerungswachstum gab es in New York, Chicago und Philadelphia. Auch das Aussehen der Städte veränderte sich. Aufgrund Platzmangels wurde erstmals nicht mehr in die Fläche, sondern in die Höhe gebaut. Die ersten Wolkenkratzer entstanden. Auch kleinere Industriestädte verzeichneten ein rapides Bevölkerungswachstum.

Die enorme Verstädterung lag auch in der wachsenden Migration begründet. In der Wende zum 20. Jahrhundert waren mehr als fünf Millionen Menschen in die Vereinigten Staaten eingewandert. Sie hofften hier, bessere Lebensbedingungen zu finden. Dabei kam der Großteil der Einwanderer aus Europa.

Mit der Industrialisierung hatten sich die Vereinigten Staaten von Amerika zu einer sowohl wirtschaftlich aber auch politisch bedeutenden Nation entwickelt. Sie standen erstmals nicht mehr im Schatten der europäischen Großmächte.

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