WTO

Die Abkürzung WTO steht für World Trade Organisation. Die Welthandelsorganisation ist neben dem internationalen Währungsfond (IWF) und der Weltbank eine der wichtigsten zentralen Organisationen mit globaler Ausrichtung. Die WTO ist noch relativ jung, während es IWF und Weltbank bereits seit 1944 gibt, wurde die WTO – auf Basis des bereits ebenfalls seit 1948 bestehenden GATT-Abkommens – erst zum 1. Januar 1995 gegründet. Voran gegangen waren sieben lange Jahr mit zähen Verhandlungen. Ziel der WTO ist es, weltweite Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu regeln, Handelshemmnisse abzubauen und den internationalen Handel zu liberalisieren. Die WTO steht in den letzten Jahren zunehmend im Fokus der Nachrichten, denn wirtschaftliche und handelspolitische Entscheidungen sind – gerade in einer globalisierten Welt -von großer Tragweite und hoher politischer Brisanz. Die WTO hat derzeit (Stand Februar 2013) 158 Mitglieder, die zusammen über 90 % des Welthandelsvolumens erwirtschaften, zwei Drittel der Mitglieder sind Entwicklungsländer. Die äußerst heterogene Zusammensetzung der WTO verweist auf die vielfältigen Widersprüche, Konflikte und Anforderungen, denen die Weltwirtschaft und also auch WTO sich stellen muss, wenn sie ihrer Aufgabe gerecht werden will. Eine maßgebliche Rolle spielen dabei die bedeutendsten Wirtschaftsregionen der Welt – die EU, die USA, Kanada und Japan. Dieses so genannte „Quad“ verfügt entsprechend der wirtschaftlichen Prosperität innerhalb der WTO über den größten politischen Einfluss. Unterhalb der WTO gibt es verschiedene Bündnisse und Organisationen, zu denen sich einzelne Mitgliedstaaten zusammen geschlossen haben. Das größte dieser Bündnisse ist die Europäische Union, die – zusätzlich zur Mitgliedsschaft der einzelnen Staaten – auch als EU Mitglied der WTO ist.

Die WTO versteht sich als Impulsgeber für eine liberale Außenhandelspolitik. Eines der wichtigsten Ziele ist nach wie vor die Deregulierung, das heißt: Der Abbau der weiterhin bestehenden, in den verschiedenen Wirtschaftsregionen der Welt unterschiedlich gehandhabten Handelshemmnisse. Die WTO ist somit ein wichtiger Träger und Vorreiter der Globalisierung und hat eine große Verantwortung bei der Schaffung gerechter wirtschaftlicher Verhältnisse und bei der Bekämpfung von Armut. Dieser Aufgabe wird sie nach Auffassung ihrer Kritiker nicht immer gerecht und steht deswegen immer wieder im Fokus globalisierungskritischer Gruppierungen.

Organisation, Aufgaben und Einflussmöglichkeiten der WTO

Vereinbarungen, die von der WTO getroffen werden, haben in der Regel immer auch Einfluss auf nationale und europäische Fragen. Die WTO hat beratende Funktion, kann Richtlinien vorgeben und Empfehlungen aussprechen. Sie hat zwar keinerlei Befugnisse, um in nationales oder europäisches Recht einzugreifen, die Mitgliedstaaten haben sich jedoch dazu verpflichtet, mögliche Änderungen, die aus den WTO-Vereinbarungen resultieren, in nationales Recht zu überführen. Das wichtigste Organ der WTO ist die Ministerkonferenz. Dort sind die Wirtschafts- und Handelsminister aller Mitgliedsstaaten vertreten. Die Ministerkonferenz trifft in regelmäßigen Abständen, mindestens alle zwei Jahre zusammen, um grundsätzliche Entscheidungen zu treffen, was sich aber in den letzten Jahren als zunehmend schwierig herausstellt. Bereits von der Ministerkonferenz in Doha, die im Jahr 2004 stattfand, wurden maßgebliche Impulse für eine weltweite Freihandelszone erwartet. Doha gilt heute – ähnlich wie wie zahlreichen Weltklimakonferenzen – fast schon als Synonym für geschäftiges Auf-der-Stelle-Treten. Immer wieder vertagen sich Untergremien und Gremien. Mit jeder neuen Ministerkonferenz, die in der Regel an einem eher exotischen Orten der Welt stattfindet, werden neue Hindernisse aufgebaut. Die WTO erweist sich hier zunehmend als schwerfällig und entscheidungsunfähig. Jüngste Vorstöße des US-Außenministers Joe Biden, der als pragmatische Zwischenlösung eine transatlantische Freihandelszone vorgeschlagen hat, zeigen, dass einflussreiche Wirtschaftsmächte wie die USA den Stillstand möglicherweise nicht mehr lange mittragen werden.

Zusammenarbeit mit Internationalen Währungsfond

Der operationelle Arm der Ministerkonferenz ist der Allgemeine Rat, der die laufenden Geschäfte führt. Der Allgemeine Rat ist so etwas wie die handelspolitische Weltpolizei. Zwischen den einzelnen Ministerkonferenzen laufen hier die weltwirtschaftlichen Fäden zusammen. Da wirtschaftliche Prozesse und internationaler Finanzmarkt eng miteinander verknüpft sind, arbeitet die WTO eng mit dem Internationalen Währungsfond und der Weltbank zusammen. Der Allgemeine Rat überprüft die Umsetzung handelspolitischer Vorgaben und mahnt sie gegebenenfalls nachdrücklich an. Seine koordinierende und beratende Funktion wird insbesondere bei multilateralen Rechtsstreitigkeiten in Anspruch genommen. Ein wichtiges Organ des Allgemeinen Rates ist in diesem Zusammenhang das Streitschlichtungsgremium, das aus Vertretern aller Mitgliedsstaaten besteht und innerhalb festgelegter Zeiträume eine mehrheitlich getroffene Entscheidung fällen muss. Mögliche Sanktionen sind Handelsbeschränkungen oder vorübergehend erhobene Strafzölle auf bestimmte Waren. Problematisch sind die Sanktionsmechanismen vor allem auch deshalb, weil die WTO keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den großen Handelsnationen hat. Die WTO hat ihren Sitz in Genf, wo sie mit einem Sekretariat vertreten ist. Das Sekretariat hat überwiegend administrative und koordinierende Funktion und berät Mitgliedsstaaten, Ministerkonferenz und Allgemeinen Rat. Hier werden Verhandlungen vorbereitet, Zahlenmaterial gesichtet und Statistiken erstellt. Medien und Öffentlichkeit werden von hier aus mit Informationen versorgt. Außerdem stellt das Sekretariat technischen Support für Entwicklungsländer zur Verfügung.

Das GATT-Abkommen im Zentrum der WTO

Wesentliche Grundlage der WTO ist das Allgemein Zoll- und Handelsabkommen, kurz GATT, das bereits 1948 in Kraft getreten ist und um dessen Anpassung und Weiterentwicklung seitdem regelmäßig gerungen wird. Initiator für GATT waren die USA, die sich nach dem zweiten Weltkrieg für eine Liberalisierung des Welthandels einsetzten. Die Unterzeichnung einer geplanten Welthandels-Charta als Grundlage für die Arbeit einer weltweiten Handelsorganisation kam jedoch nie zustande. Als pragmatische Zwischenlösung wurden die handelspolitischen Vereinbarungen der Havanna-Charta ausgekoppelt und von 23 Staaten am 23.10.1947 als GATT-Abkommen verabschiede. Bis zum Start der WTO war GATT das einzige internationale Handelsabkommen und trug wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung speziell in der Nachkriegszeit bei. Der Abbau von Importzöllen war eine wesentliche Voraussetzung, um den wirtschaftlichen Austausch, insbesondere auch bei industriellen Produkten, zu befördern und anzukurbeln. Zwei weitere wichtige Kernelemente von GATT sind die Vereinbarungen zur „Meistbegünstigung“ und zur „Inländerbehandlung“, die den Grundsatz der „Nicht-Diskriminierung“ festschreiben. Als Regel gilt, dass es an den Handelsgrenzen grundsätzlich keine speziellen Handelsbeschränkungen für ausländische Produkte geben darf und dass nach Überschreiten der Zollgrenze ausländische und inländische Produkte gleichberechtigt behandelt werden. Im Jahr 1964 wurde das Abkommen durch eine „Sonderbestimmung für Entwicklungsländer“ erweitert. Um auch ärmeren Nationen den Zugang zur Weltwirtschaft zu erleichtern, werden den Entwicklungsländern im Vergleich mit den Industrienationen in gewissem Rahmen Handelspräferenzen gewährt.

GATT wurde von Beginn an von den stärksten Wirtschaftsnationen getragen und mitbestimmt. Eine Mitgliedschaft bei GATT bot wirtschaftlich prosperierenden Nationen die Möglichkeit, ihre wirtschaftlichen Interessen auf internationaler Ebene zu vertreten, bot aber auch armen Ländern die Möglichkeit weltwirtschaftliche Prozesse mit zu gestalten und ein Mitspracherecht zu haben. Jeder Mitgliedsstaat hat – zumindest auf dem Papier – eine gleichberechtigte Stimme. Mit der zunehmenden Heterogenität von wirtschaftlichen Interessen und der steigenden Mitgliederzahl stieg auch der Regelungs- und Differenzierungsbedarf. eder im GATT-Abkommen vertretenen Wirtschaftsnation wird ein bestimmter Status zuerkannt, durch den er von bestimmten Präferenzen und Ausnahmeregelungen erfasst wird. Ein Beispiel ist zum Beispiel die „Gruppe der Zwanzig“, zu der die Schwellenländer gehören und die – angeführt von Brasilien und Indien – innerhalb der WTO um den Abbau von Agrarsubventionen kämpfen.

Herausforderungen für GATT

GATT stand von Beginn an vor den gleichen Herausforderungen wie heute die WTO. Wirtschaftliche Entscheidungen sind immer getragen von nationalen politischen Interessen. Für besonders sensible und kontroverse Handelsbereiche gelten im Rahmen von GATT bestimmte Sonder- und Ausnahmeregelungen, die situativ angewendet werden. Dabei geht es z.B. um den Schutz der Zahlungsbilanz, um Fragen der nationalen Gesundheit und Ordnung und um sicherheitsrelevante Aspekte. Um die Diskrepanz zwischen Industrie- und Agrarnationen nicht noch weiter zu verstärken, ist die Agrarwirtschaft generell aus dem GATT-Abkommen ausgeklammert. In der Nachbereitung der Doha-Konferenz konnte zumindest ein Agrar-Rahmenabkommen geschlossen werden, dessen Spezifizierung aber noch aussteht.

Sensible Bereiche, die ebenfalls lange kein Bestandteil des GATT-Abkommens waren, sind der Dienstleistungsektor und das weite Feld des geistigen Eigentums. Im Vorfeld der Gründung der WTO wurden in de sogenannten Uruguay-Runde für beide Bereiche getrennte Abkommen geschlossen. Im Rahmen von GATS wird das Nicht-Diskriminierungsprinzip auf den Dienstleistungsbereich übertragen. TRIPS soll international verbindliche Standards zum weltweiten Umgang mit geistigem Eigentum und entsprechende Schutzbestimmungen definieren. GATS und TRIPS sind mit eigenen Räten im Allgemeinen Rat der WTO vertreten. Seit dem 1. Januar 1995 sind GATT, GATS und TRIPS unter dem gemeinsamen Dach der WTO gebündelt. Die hochgesteckten Erwartungen, die mit der gemeinsamen Welthandelsorganisation verknüpft waren, haben sich bisher nicht erfüllt. Die Herausforderungen der Globalisierung haben stetig zugenommen. Der WTO ist bisher nicht gelungen hier Schritt zu halten geschweige denn eine Vorreiterrolle zu übernehmen.

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