Indochinakrieg

Bei dem Indochinakrieg oder französischen Indochinakrieg handelt es sich um die Auseinandersetzung der ehemaligen Besatzungsmacht Frankreich gegen die Liga für die Unabhängigkeit Vietnams in Indochina. Der blutige Krieg dauerte vom 19. Dezember 1946 bis zum 1. August 1956 an und stellt den Beginn einer langen und brutalen Unabhängigkeitsbewegung Indochinas dar, die unter anderem im Vietnamkrieg mündete. Der Konflikt war zudem ein Auftakt des Systemkampfes zwischen der westlichen Demokratie und dem Sozialismus.

Entstehungsgeschichte des Krieges

Bereits 1863 entriss die damalige zweitgrößte Kolonialmacht der Erde Frankreich China den Bereich zwischen Asien und den Ozeanien, der heute von den Ländern Vietnam, Kambodscha, Laos und Thailand bedeckt wird. Seitdem führte Frankreich dort ein ertragsreiches Kolonialregime. Nachdem Frankreich während des zweiten Weltkriegs jedoch von Deutschland besetzt und unterworfen wurde, musste die Kolonialmacht die Ländereien Deutschlands Verbündeten Japan kampflos überlassen. In dieser Zeit der Unterwerfung des indochinesischen Volkes bildete sich die Widerstandsgruppe Viêt Minh, die für die Unabhängigkeit des Landes kämpfte. Sie sorgte schon früh für ein starkes nationalistisches Gefühl innerhalb der Bevölkerung. Nach der Kapitulation Japans schien die Gruppierung ihr Ziel erreicht zu haben und rief die unabhängige Demokratische Republik Vietnam aus.

Doch der Frieden in dem Land währte nicht lange: Bereits zwei Tage nach dem Ausruf des Staates landeten französische Expeditionskorps im südlichen Teil des Landes. Die Franzosen waren nicht bereit, ihre ertragsreiche Kolonie zu verlieren und versuchten im Allgemeinen, ihr Kolonialreich nach dem zweiten Weltkrieg zusammenzuhalten. Nach der demütigenden Besetzung Frankreichs im zweiten Weltkrieg ging es der „Grande Nation“ auch darum, ihr Prestige wieder aufzubessern. Gleichzeitig marschierten vom Norden des Landes Truppen Chinas ein, die die japanischen Besetzer entwaffnen sollten. Der kritische Zustand der jungen Nation eskalierte mit einem gewalttätigen Zwischenfall am 23. November 1946.

Der Kriegsverlauf

An diesem Tag verwechselte die Besatzung des französischen Kreuzers Sufren die riesige Menschenschlange an einer Reisausgabestelle in Haiphong angeblich mit Soldaten der Widerstandsgruppe Viêt Minh. Der Kreuzer startete den Beschuss – mehr als 6000 Menschen kamen ums Leben, fast ausschließlich Zivilisten. Im Anschluss erhielt die Widerstandsgruppe Waffenlieferungen aus China und organisierte seine Truppen. Die Stadt Haiphong fiel kurze Zeit später den Französischen Truppen zum Opfer. Im Anschluss feierten die Franzosen weitere Erfolge und rückten weiter ins Land vor. Schon bald zeigte sich jedoch, dass die Kampfkraft der Viêt Minh größer war, als von dem angeschlagenen französischen Reich erwartet. Die Situation Frankreichs fand mit der Einnahme der Hauptstadt und der Stürzung der unabhängigen Regierung um Ho Chi Minh ihren vorläufigen Höhepunkt. Der eklatante Mangel an Soldaten zwang die Franzosen im Anschluss jedoch, sich auf die Hauptstraßen zurückzuziehen und ihre Stellungen zu halten. Es folgte eine jahrelange Patt-Situation der Konfliktparteien.

Ideologiekonflikte

In dieser Zeit weiteten China, die Sowjetunion sowie die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung für die verschiedenen Seiten aus, um ihr politisches Interesse durchzusetzen. Zu dieser Zeit kristallisierte sich bereits der Ideologiekonflikt zwischen dem demokratischen Weltbild und dem sozialistischen Weltbild heraus. Den Amerikanern war sehr daran gelegen, dass keine weiteren Länder unter die Kontrolle Chinas und der Sowjetunion beziehungsweise des Kommunismus gerieten. Man befürchtete, dies könnte der Anfang eines langen Siegeszugs des Sozialismus sein (Dominotheorie). Die Vereinigten Staaten ließen Frankreich daher sehr umfangreiche Unterstützung zukommen. Die Motivation auf der Seite Chinas und der Sowjetunion war ähnlich, sie erhofften sich, ihren Einfluss auf Indochina ausweiten zu können, wenn die Rebellen an die Macht gelangten. Die Widerstandsgruppen vermochten es jedoch sehr viel geschickter, die Unterstützung aus dem Norden einzusetzen. Die zahlreichen landeskundigen Truppen wurden mit konkurrenzfähigen Waffen ausgestattet. Etwa 35.000 deutsche Fremdlegionäre kämpften während des Krieges auf französischer Seite, wobei bis zu 10 Prozent desertierten. Die übergelaufenen Soldaten lieferten den Widerstandskämpfern wichtige Informationen zu modernem, strategisch organisiertem Kampf. Auf diese Art und Weise gelang es den Rebellentruppen, die Franzosen zwischen den Jahren 1950 und 1953 bis in die südlichen Teile des Landes zurückzudrängen.

1953 sandten die Franzosen mit Navarre einen neuen Oberbefehlshaber nach Indochina. Dieser sollte die geschickt agierenden Rebellen in einen verlustreichen Stellungskampf involvieren, bei der die Franzosen ihre materielle Überlegenheit hätten ausspielen können. Doch soweit kam es nicht. Im Frühling 1954 erlitt die Kolonialarmee in der Schlacht von Dien Biên Phu eine vernichtende Niederlage, woraufhin Friedensverhandlungen eröffnet wurden.

Friedensschluss und Bedingungen

Ab dem 26. April 1954 tagte die Indochina-Konferenz in Genf. Hier nahmen die Konfliktparteien Frankreich und Demokratische Republik Vietnam sowie Laos, Kambodscha, USA, Sowjetunion, China und Großbritannien teil. Es dauerte 87 Verhandlungstage, bis eine Einigung erzielt wurde. Das beschlossene Genfer Abkommen trat am 21. Juli 1954 in Kraft und inkludierte den Waffenstillstand, der die Kolonialherrschaft der Franzosen in Indochina beendete. Auf der Genfer Konferenz wurde die Einrichtung einer Demarkationslinie entlang des 17. Breitengrades beschlossen, die nur der Entflechtung der Kriegsparteien dienen sollte. Anhänger der Viêt Minh sollten sich nördlich von ihr einfinden, während Franzosen sich in den südlichen Teil des Landes begeben sollten. Darüber hinaus sollten geheime und freie Wahlen stattfinden, um die neue Regierung von Vietnam, Laos und Kambodscha zu bestimmen. Dies stellte eine eindeutige Niederlage für die Widerstandsgruppe Viêt Minh dar, die faktisch den Sieg auf dem Schlachtfeld davongetragen hatte, jedoch nun zahlreiche Zugeständnisse hatte machen müssen. Auf der Konferenz hatten vor allem die Großmächte Sowjetunion, China, Frankreich und Großbritannien ihre Interessen durchsetzen können und die Grenzen zwischen den Herrschaftsgebieten abgesteckt. Die Vereinigten Staaten erkannten die Ergebnisse des Abkommens zwar nicht an, gaben aber vor, sie zu respektieren.

Auswirkungen auf den weiteren Ost-West-Konflikt

Die geheimen und freien Wahlen wurden in Vietnam und Laos niemals durchgeführt. Frankreich hatte schon lange Zeit vor Ende des Waffenkonflikts dafür gesorgt, dass eine westlich orientierte Regierung nach Ende des Krieges in Kraft treten könnte und dies mit dem ehemaligen vietnamesischen Kaiser Bao Dai im Elysee-Vertrag festgehalten. Am 23. Oktober 1955 wurden in Vietnam unter Kontrolle der Vereinigten Staaten und des CIA Scheinwahlen durchgeführt, Ngô Dình Diem ergriff die Macht und rief den Staat Südvietnam aus. Auch im Norden Indochinas verhinderten die Vereinigten Staaten die Durchführung freier Wahlen, da dort aller Voraussicht nach die Viêt Minh gewonnen hätten und eine sozialistisch organisierte Regierung installiert hätten. Im Anschluss wurden die Grenzen zwischen Nord- und Südvietnam geschlossen. In Südvietnam begann die systematische Verfolgung von Anhängern der Viêt Minh, die in zum Teil brutale Gewalttaten ausartete.

Grundlage für Vietnamkrieg

Trotz eines Friedens auf der Oberfläche stellte dieser unterschwellige Konflikt die Grundlage für den späteren Vietnam-Krieg dar. Auf allen Ebenen wurde der Ideologiekonflikt unter Einfluss der westlichen und östlichen Mächte weitergeführt, worunter vor allem die vietnamesische Bevölkerung litt. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Unruhen wieder in einen offenen Konflikt ausarteten. Ihre Freiheitspolitik führten die Vereinigten Staaten auch im Königreich Laos weiter, das nach dem Waffenstillstand zu einem unabhängigen Staat geworden war. Die CIA versuchte in einem Untergrundkrieg die Macht der Regierung an sich zu reißen. Nur in Kambodscha wurden die freien und geheimen Wahlen durchgeführt, die auf der Genfer Konferenz vereinbart wurden. Hier wurde eine konstitutionelle Monarchie eingerichtet, die bis 1971 bestand. Dennoch wurde das Land auch von den Unruhen in seiner Nachbarschaft angesteckt und die Interessenskonflikte von Ost und West sorgten auch hier für blutige Delikte. So war Indochina nach Beendigung des Indochinakrieges keineswegs eine friedliche Region. Die Fortführung des Konflikts wurde nur für einige Zeit vertagt.

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