Globalisierung in Venezuela

Der südamerikanische Staat Venezuela (amtlicher Name: „Bolivarische Republik Venezuela“) liegt an der Küste des Karibischen Meeres und grenzt im Westen und Südwesten an Kolumbien, im Süden an Brasilien und im Osten an Guyana. Im Jahr 2010 hatte Venezuela 28.833.845 Einwohner bei einer Landesfläche von 916.445 Quadratkilometern, was einer Bevölkerungsdichte von etwa 30 Einwohnern pro Quadratkilometer entspricht. Die Amtssprache Venezuelas ist spanisch, daneben gibt es aber noch weitere amtlich anerkannte Sprachen, die von der indigenen Bevölkerung gesprochen werden. Die Staats- und Regierungsform Venezuelas ist eine präsidiale Bundesrepublik, Hauptstadt und Regierungssitz ist Caracas mit rund 6 Millionen Einwohnern. Das nominale Bruttoinlandsprodukt(BIP) Venezuelas betrug 2012 nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) 337 Milliarden USD, was einem BIP von 11.114 USD pro Einwohner entspricht. Die heutigen Auswirkungen der Globalisierung auf Venezuela sind stark von der geschichtlichen Entwicklung des Landes geprägt worden.

Frühe Formen der Globalisierung in Venezuela

Vor der Entdeckung Amerikas durch die Europäer lebten indianische Bevölkerungsgruppen auf dem Gebiet des heutigen Venezuelas, welche ihren Lebensunterhalt als Fischer, Bauern oder Jäger und Sammler bestritten. Auf seiner dritten Entdeckungsreise erreichte Christoph Kolumbus im Jahr 1498 die Küste Venezuelas und ging mit seiner Mannschaft an Land. Es folgten weitere Expeditionen im Auftrag der spanischen Krone, erste feste Siedlungen der Spanier entstanden ab 1522. Caracas wurde im Jahr 1567 gegründet und zehn Jahre später wurde dann vom spanischen König ein Gouverneur zur Verwaltung der neuen Kolonie eingesetzt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt kam die indigene Bevölkerung verstärkt mit der ihnen fremden Kultur des christlichen Abendlandes in Berührung. Im 17. Jahrhundert begannen die katholischen Missionare aus Spanien mit der systematischen Christianisierung der indianischen Stämme. Die neue Kolonie war für die Eroberer aus Spanien zunächst von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung, da das Hauptinteresse eher bei den Goldvorräten der anderen eroberten Gebiete Mittel- und Südamerikas lag. Um die Anlage von Plantagen im großen Stil voranzutreiben, wurden viele Arbeitssklaven von Afrika nach Venezuela deportiert. Auf den Großplantagen wurden Baumwolle, Kaffee, Kakao, Tabak und Zuckerrohr angebaut, um diese Kolonialwaren nach Europa zu exportieren. An diesem Beispiel – Sklaven aus Afrika produzieren in Südamerika Güter für den Export nach Europa – sind erste Tendenzen einer Globalisierung zu erkennen.

Der Kampf um die Unabhängigkeit Venezuelas

Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts gab es wiederholte Versuche, sich von der spanischen Kolonialherrschaft zu lösen. Simón Bolívar gelang es 1821 schließlich, die venezolanischen Unabhängigkeitskämpfer zu einem Sieg gegen die Kolonialmacht Spanien zu führen. Venezuela schloss sich zunächst der bereits seit 1819 unabhängigen Republik Großkolumbien an, erklärte sich dann 1830 als eigenständige und unabhängige Republik. Im Jahr 1864 wurde Venezuela eine Bundesrepublik, die aber von zahlreichen Bürgerkriegen in ihrer politischen Entwicklung gehemmt wurde. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Politik Venezuelas durch das Regime des Diktators Juan Vicente Gómez geprägt. Mit seinem Tod im Jahre 1935 setzte zunächst eine Liberalisierung des Landes ein. 1945 kam es zu einem Militärputsch und Venezuela wurde mit einer kurzen Unterbrechung bis 1952 von einer Militärjunta regiert, dann von dem Diktator Marcos Pérez Jiménez. Nach dem Sturz des Diktators wurde Venezuela 1958 eine Demokratie. Bis in die 1990er Jahre bestimmten seitdem die sozialdemokratische und die konservative Partei die Politik in Venezuela und stellten die Präsidenten.

Ölkrise

Seit der globalen Ölkrise 1973 und den damit verbundenen Ölpreissteigerungen nahmen die Einnahmen des Landes aus dem Export von Erdöl so stark zu, dass Venezuela zu einem der reichsten Länder Südamerikas wurde. Der steigende Wohlstand in der Bevölkerung sorgte bis 1983 für stabile politische Verhältnisse – zumindest nach lateinamerikanischem Standard. Der sinkende Rohölpreis seit 1983 führte durch die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Ölexport – andere Wirtschaftszweige waren so gut wie gar nicht vorhanden – zu einem Einbruch der Exporterlöse und in der Folge zu einer immensen Verschuldung und einer länger andauernden Wirtschaftskrise. Im Verlauf dieser Krise kam es zu einem faktischen Staatsbankrott des Landes. Unter den vom Kreditgeber IWF geforderten Sparmaßnahmen musste insbesondere der ärmere Teil der Bevölkerung leiden, was 1989 zu Aufständen und Revolten führte, die gewaltsam beendet wurden. Nach inoffiziellen Schätzungen wurden dabei innerhalb von zwei Tagen zwischen 1000 und 3000 Menschen getötet.

Aktuelle Situation

Daraufhin nahm der innenpolitische Einfluss des Militärs erneut zu und es kam 1992 zu zwei Putschversuchen unter der Führung von Hugo Chávez. Mit Rafael Caldera als neu gewähltem Präsidenten gelang bis 1998 zwar eine innenpolitische Stabilisierung, aber die schweren wirtschaftlichen Probleme konnten zunächst nicht gelöst werden. Am 6. Dezember 1998 wurde dann Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt. Chávez formulierte seine politischen Ziele: Ausbau direkter demokratischer Strukturen, Bekämpfung der Korruption sowie eine politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit Venezuelas. Eine entsprechend ausgearbeitete neue – die sogenannte „bolivarische“ – Verfassung wurde durch eine Volksbefragung bestätigt und die Machtposition von Chávez damit weiter gestärkt. Im Jahr 2002 kam es nach landesweiten Streiks erneut zu einem Putschversuch durch hohe Militärs, der aber scheiterte. Präsident Hugo Chávez konnte seine Macht behaupten und wurde zuletzt am 7. Oktober 2012 wieder zum Präsidenten gewählt.

Export von Rohstoffen

Venezuelas Wirtschaft ist nach wie vor stark abhängig von der Ausfuhr von Erdöl – etwa 80 Prozent der Exporterlöse und damit ein Viertel des gesamten Bruttoinlandsproduktes werden mit dem Export von Rohöl erzielt. Wichtigster Abnehmer des venezolanischen Öls sind die Vereinigten Staaten – Venezuela ist einer der drei größten Öllieferanten der USA. Durch den globalen Anstieg der Rohölpreise konnte Venezuela seit 2005 seine Exporteinnahmen deutlich steigern. Im Jahr 2008 betrugen die Exporterlöse 93,5 Milliarden US Dollar, importiert wurden gleichzeitig Waren im Wert von 48,1 Milliarden US Dollar – Venezuela hat also gegenwärtig eine deutlich positive Handelsbilanz. Der wichtigste Handelspartner sind die Vereinigten Staaten, mit großem Abstand folgen dann Brasilien, Kolumbien, Mexiko und China. Neben dem Rohöl nimmt auch der Export von Eisenerz einen hohen Stellenwert ein – Venezuela belegt beim Eisenerzexport weltweit den 8. Platz.

Auswirkungen der Globalisierung in Venezuela

Die wirtschaftliche Entwicklung Venezuelas ist eng verknüpft mit der Weltwirtschaft und entsprechend abhängig von der Preisentwicklung auf den Rohstoffmärkten. Durch den starken Preisanstieg für Rohöl und der damit einhergehenden positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Venezuela konnte in den vergangenen Jahren den Anteil der unterhalb der Armutsgrenze lebenden Venezolaner von etwa 55 Prozent im Jahr 1998 auf knapp 29 Prozent im Jahr 2009 reduziert werden. Wie an der jüngeren Geschichte Venezuelas deutlich zu erkennen ist, wirken sich besonders die Weltmarktpreise für Rohöl auf die politische Lage in Venezuela aus – steigende Preise sorgen hier für einen äußerst starken wirtschaftlichen Aufschwung, fallende Preise führen das Land rasch in eine tiefe Krise. Die Globalisierung ist demnach für die gesamte Entwicklung Venezuelas von überragender Bedeutung.

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