Globalisierung in Angola

Für die Kritiker der Globalisierung treffen in Afrika die Interessen des Kapitals auf die Bedürfnisse von Entwicklungsländern. Besonders auch Angola zeigt, welche verheerenden Auswirkungen die weltweite Vernetzung für die Bevölkerung haben kann. Grundsätzlich bietet die Globalisierung auch für Länder der sogenannten „Dritten-Welt“ ein erhebliches Potenzial: Als Werkbank der Industrienationen verschaffte die Globalisierung Staaten in Asien einer breiten Bevölkerungsschicht relativen Wohlstand – das Pro-Kopf-Einkommen in China stieg beispielsweise enorm, als eine Abkehr von der Planwirtschaft beschlossen wurde und sich die Wirtschaft der Welt öffnete. In Ländern wie Angola scheint die Globalisierung dagegen kaum Früchte zu tragen, wie der Durchschnitt des restlichen Kontinents sank der Anteil am Welthandel sogar in den letzten Jahren. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich: Zum einen ist die politische Stabilität ein wichtiger Faktor, gerade um ausländische Investitionen zu ermöglichen. Dazu gehören nicht nur Rechtssicherheit und das Fehlen von Korruption, besonders Bürgerkriege haben einigen Staaten zugesetzt. Länder wie Botsuana zeigen, dass es auch anders möglich ist. Das Wirtschaftswachstum, welches seit den 70er Jahren erreicht wurde, übertrifft selbst das vieler asiatischer Vorbilder.

Erdölvorkommen nützen nur wenigen

Viele Angolaner sind aber von den Auswirkungen der Globalisierung im eigenen Land enttäuscht. Denn das Gebiet besitzt durch die reichen Erdöl- und -Gasvorkommen eigentlich ein wertvolles Potenzial. Doch von dem durch Regierung und Investoren versprochenen Boom profitieren nur wenige. Sichtbar ist der Wohlstand nur in der Hauptstadt Luanda angekommen, im ganzen Land hat sich an der Armutssituation nichts geändert – etwa 40% der Angolaner leben von weniger als einem Dollar pro Tag. Denn das Land hat wie der gesamte Kontinent Schwierigkeiten, zum eigenen Nutzen in den globalen Handel eingebunden zu werden. Die Förderung des Öls selbst schafft nur wenige Jobs, der Ertrag landet bei wenigen Konzernen, die das Geld dazu häufig außer Landes schaffen. Weitaus lukrativer wäre eine Verarbeitung des Rohöls in Angola selbst – dadurch könnte ein echter Mehrwert geschaffen werden. Bisher ist es dazu aber kaum gekommen, ein Teil der Bevölkerung hat eher mit den Schattenseiten des Erdölbooms zu kämpfen: Bei der Förderung kommt es zu einer massiven Zerstörung der Umwelt, frei werdendes Öl verunreinigt vielerorts kostbares Trinkwasser. Weil Korruption ein weit verbreitetes Problem bei den angolanischen Behörden ist, werden eigentliche auch in Angola vorhandene Umwelt- und Sicherheitsstandards selten durchgesetzt.

Angola hat technologischen Anschluss verloren

Damit setzt sich fort, was im Zeitalter der Kolonialisierung angefangen wurde: Angola dient wie der Rest Afrikas hauptsächlich als günstiger Rohstofflieferant. Zusätzlich sorgt der Rohstoffexport wie auch bei anderen Staaten für eine gewisse Bequemlichkeit innerhalb der Politik. In dem Glauben, mit dem Export von Öl ausreichend Devisen erwirtschaften zu können, wurden echte Reformen vernachlässigt, der Aufbau einer Industrie fand kaum statt.

Einer der Gründe für den immer geringeren Anteil der angolanischen Wirtschaft am Exportgeschäft ist darüber hinaus auch HIV, der steigende Anteil der infizierten Bevölkerung ist ein immenses Problem. Abgesehen von der geringeren Lebenserwartung sinkt auch die Leistungsfähigkeit der Menschen – dabei sind die Anforderungen durch die Entwicklung moderner Technologien eher gestiegen. Dadurch ist die Lücke zwischen dem Know-How Angolas und der Konkurrenz asiatischer Entwicklungsländer deutlich gestiegen. Um den dringend nötigen Entwicklungsschub zu bekommen, wären Investitionen aus dem Ausland notwendig – wofür es seitens der Politik aber noch an wichtigen Voraussetzungen fehlt. Besonders weltweit agierende Unternehmen planen in Zeiträumen, die für die Entwicklung einer so instabilen Gesellschaft nur schwerlich abzusehen sind. Dazu ist das Bildungsniveau der meisten Angolaner ziemlich gering – die Unternehmen müssten vermutlich eigenständig in Bildungsinitiativen investieren, um an der grundsätzlichen Situation etwas zu ändern. Ein weiteres Problem ist die schlechte Infrastruktur. Trotz Hafenanbindungen ist der Staat vom Seeweg nach internationalen Maßstäben kaum zu beliefern. Zwar können mittlerweile selbst größere Containerschiffe den Hafen von Luanda ansteuern, die Abfertigung kann sich allerdings sehr in die Länge ziehen – viele Reeder meiden den afrikanischen Staat deshalb. Auch der Transport in das Innenland ist wegen dem schlechten Straßenzustand problematisch.

EU-Subventionen schaden angolanischen Bauern

Ein weiteres Problem ist die geringe Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Besonders die Bauern und Viehzüchter haben mit der europäischen Konkurrenz zu kämpfen. Zwar erscheinen die niedrigen Löhne und der Standortvorteil als günstig, trotzdem können viele eigene Produkte kaum abgesetzt werden – so wie zum Beispiel Hähnchen.

In Europa ist besonders Hähnchenbrust in den letzten Jahren sehr beliebt geworden, weil das Fleisch zart und praktisch fettfrei ist – genau das Richtige für eine von Übergewicht geplagten Wohlstandsgesellschaft. Die Mast von Hühnern in riesigen Ställen ist effizient, hat aber ein Problem: Der Rest des Tieres ist in Europa nur schwer verkäuflich und müsste wohl in großen Teilen weggeschmissen werden, wenn es nicht in Afrika Abnehmer dafür geben würde. Schenkel, Rücken, Füße oder Innereien vom Huhn würden in großen Stückzahlen im Müll landen oder zumindest zu billigem Tiermehl verarbeitet werden. Auch wenn die günstigen Preise für tadellose Nahrung der afrikanischen Bevölkerung erst einmal gefallen dürften – für die eigene Viehzucht sind die Auswirkungen katastrophal. Ähnlich sieht es mit der von der EU subventionierten Überproduktion von weiteren Lebensmitteln aus. Egal ob Gemüse oder Milch – um die Agrarwirtschaft innerhalb der Wirtschaftsunion zu schützen, ist kein Preis zu hoch.

Angola: Verlierer der Globalisierung

Am Ende bleibt die Feststellung, dass die Globalisierung Angola mehr geschadet als genützt hat. Die ohnehin nicht sehr leistungsfähige angolanische Wirtschaft droht von billigen Exportgütern aus China und sogar Europa erdrückt zu werden. Dazu kommt die schlechte Infrastruktur und die Verbreitung von HIV und AIDS innerhalb der Bevölkerung.. Stabile und verlässliche Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie Investitionen in Bildung und Straßenbau wären notwendig, um das Land für Investoren attraktiver zu gestalten.

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