Globalisierung in Äthiopien

Äthiopien liegt im Nordosten Afrikas, ist dreimal so groß wie Deutschland und der einzige afrikanische Staat, welcher nie von den Europäern kolonisiert wurde. Lediglich vor und während des zweiten Weltkrieges war Äthiopien für fünf Jahre von den faschistischen italienischen Truppen besetzt. Weil der größte Teil des Landes mehr als 2000 Meter hoch und damit nicht nur nah an der Sonne, sondern ideal für den Kaffeeanbau liegt, spürt die äthiopische Bevölkerung viel von der Globalisierung: Denn Kaffee wird weltweit gerne und viel getrunken und ist das wichtigste Produkt für den Export, welcher Devisen in das Land bringt. Immerhin haben vor 4000 Jahren die Äthiopier den Kaffee entdeckt und den Genuss desselben seit dieser Zeit immer weiter verfeinert. Äthiopien ist das am höchsten gelegene Land in Afrika, mehr als die Hälfte seiner Fläche liegt im Hochland – das größte davon ist das Hochland von Abessinien, in dem auch die Hauptstadt Addis Abeba liegt, der für den Anbau von Kaffee sehr geeignet ist. Durch die Topografie ist das Land geprägt von vielen verschiedenen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere.

Auf dem Weg in die Moderne

In der Hauptstadt Addis Abeba wachsen immer mehr moderne Hochhäuser in die Höhe, für die Hütten aus Wellblech weichen müssen und abgerissen werden. Da der Boden dem Staat gehört und dieser lieber Investoren fördert, ist das kein Problem, auch wenn es zu Lasten der ärmsten Menschen geht. Denn der Staat ist ehrgeizig und die nächste Generation soll es einmal besser haben. Überall ist die Globalisierung in Äthiopien zu spüren: Ob an der einzigen Kaffeebörse von Afrika oder beim Anbau von Blumen für deutsche Supermärkte. Neben Kaffee verkaufen die Händler an der Kaffeebörse auch Weizen, Sesam und Mais. In diesem Geschäft, bei dem die Käufer und Verkäufer ihren Abschluss per Handschlag besiegeln, werden jährlich fast eine Milliarde Euro umgesetzt. Über die Börse können die Kaffeebauern ihre Ernte zu kalkulierbaren Preisen verkaufen, das ist ein gewaltiger Vorteil. Während Eleni Gabre-Madhin, Eigentümerin der Börse, eine Landestochter ist, die vier Sprachen spricht und als Diplomatentochter unter anderem in den USA lebte, ist ein anderer Aufschwung fest in chinesischer Hand: An den Straßenrändern sind viele Baustellen zu sehen: Hier bauen chinesische Arbeiter Fabriken in Äthiopien. Auch der Straßenbau wird von China bezahlt und durchgeführt, denn ohne Straßen kann keine Wirtschaft boomen. Viel landwirtschaftliche Fläche liegt dagegen in Äthiopien brach. Denn die Familien, die Landwirtschaft betreiben, können gerade einmal sich selbst versorgen. Für einen Traktor, der den Anbau von Gemüse effizienter machen würde, reicht das Geld nicht. Äthiopien hat trotzdem den größten Viehbestand innerhalb von Afrika. Es gibt saftig grüne Landschaften, genauso wie karge Gegenden. Dort leiden die Menschen immer noch Hunger, obwohl das Land so reich an Möglichkeiten ist.

Kleinbauern im äthiopischen Hochland

Äthiopischer Kaffee wird im Hochland angebaut, die Qualität ist hoch und wichtiger als die Menge. Auch in Deutschland ist der Arabica-Kaffee aus dem äthiopischen Hochland die beliebteste Sorte Kaffee. Trotzdem können die kleinen Bauern, die fast den gesamten Kaffee des Landes anbauen, kaum von dem leben, was die Farm erwirtschaftet. Denn sie bekommen nur ein Zehntel des Profites, die anderen 90 Prozent bekommen die Händler, die Transporteure und die Vermarkter. Wenn ein Bauer in der Provinzstadt Gimbi einen Hektar Kaffee bewirtschaftet und zusätzlich Mais anbaut, reicht doch der Ertrag kaum, die Kinder zur Schule zu schicken. Reicht Mais und Gemüse aus eigenem Anbau nicht aus, müssen Lebensmittel dazu gekauft werden. Dann langt das Geld möglicherweise nicht für den Schulbesuch der Kinder. Und das ist ein richtiger Teufelskreis, denn gegen die Armut hilft nur Bildung. Der Alltag auf dem äthiopischen Land heißt: Lehmhäuser ohne Stromanschluss und ohne fließendes Wasser. Um bei der Globalisierung zu bestehen und die Wirtschaft des Landes zu entwickeln, ist das hemmend. Oft steht nur die Nationalspeise Injera dreimal am Tag zur Verfügung, oder es gibt einen Pfannkuchen aus Teff, einem äthiopischen Getreide. Kinder sind hier keine Last, sondern Vorsorge für das Alter. Doch für die Mütter ist der Kindersegen auch ein Fluch, denn die Arbeit, die auf ihren Schultern ruht, ist kaum zu schaffen. Die Familienbande sind in ganz Afrika, auch in Äthiopien, stärker als in den westlichen Ländern, wie Deutschland. Trotzdem wollen die Kinder lieber nach Addis Abeba, sie hoffen auf besser bezahlte Arbeit und mehr Geld zum Leben. Die geernteten Kaffeebohnen werden geröstet und zu Pulver zerstampft oder gemahlen. In neuen Lagerhallen, von den Chinesen gebaut, können die Kaffeebohnen besser als bisher gelagert werden und somit in guten Jahren auch als Reserven für schlechte Jahre dienen. Bevor der Laster die Reise in die Hauptstadt antritt, wird die Ladung verplombt: So „fällt“ nichts mehr „zufällig“ vom Auto.

Arbeiten auf dem globalen Markt

In Addis Abeba stehen die Fabriken, in denen der Kaffee weiter verarbeitet wird. Die Frauen bekommen weniger als einen Euro pro Tag, das liegt unterhalb der internationalen Armutsgrenze. Während der Erntezeit, sortieren die Frauen in Handarbeit und im Akkord die Kaffeebohnen. Wie bei dem Märchen von Aschenputtel kommen hier die großen und gleichmäßigen Bohnen in das Töpfchen und damit zu den Verbrauchern in Deutschland oder Amerika, die kleinen und defekten Kaffeebohnen jedoch in das Kröpfchen, das heißt, sie sind für den heimischen Markt bestimmt. Der Export von Kaffee ist das Wichtigste, wenn es um die Globalisierung und die Modernisierung von Äthiopien geht. Auch wenn das Leben in Äthiopien billiger ist, als im westlichen Ausland, umgerechnet 75 Cent für die Arbeit von einem ganzen Tag sind trotzdem zu wenig. Denn auch in Äthiopien, besonders in der Hauptstadt Addis Abeba, steigen die Kosten für die Lebenshaltung. Selbst den Händlern auf dem Markt in Addis Abeba machen die hohen Preise zu schaffen. Ein Wirtschaftsaufschwung ist kaum zu schaffen, wenn die Preise ständig steigen. Wenn der äthiopische Kaffee unter dem Fairtrade-Siegel produziert wird, dann kommt wenigstens ein Teil der Geldes für den Verkauf wieder zurück nach Äthiopien. Damit können Schulen und Gesundheitszentren gebaut werden.

Bevölkerung in Äthiopien

Die Bevölkerung in dem afrikanischen Land explodiert: Fast die Hälfte aller Menschen in Äthiopien sind weniger als 15 Jahre alt. In den islamischen Familien, die etwa die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind viele Kinder zu haben, eine religiöse Pflicht. Zwar gibt es Werbekampagnen zur Geburtenkontrolle von der Regierung, mit dem Vorbild der chinesischen ein-Kind-Politik, doch das scheint aussichtslos. Bis 2050 wird sich ohne Geburtenkontrolle die Einwohnerzahl verdoppeln, von heute 75 auf dann 150 Millionen Menschen. Der Aufschwung des Landes ist so kaum möglich, auch wenn die Menschen hungrig nach Bildung und Fortschritt sind. In Addis Abeba ist der Sitz der Afrikanischen Union. Der größte Investor und Geldgeber in Afrika ist China, das sich als industriellen Entwicklungshelfer begreift. Der Westen sieht in Afrika nur immer sein Klischee von Hunger, Krankheit und Armut bestätigt, während China von dieser europäischen Haltung profitiert. Denn die Menschen in Afrika sehnen sich nach Arbeit, genauso wie nach Bildung, die sie aus der Armut herausführen kann. Die Chefin der äthiopischen Kaffeebörse, Eleni Gabre-Madhin fordert fairen Handel. Denn die Globalisierung darf nicht auf dem Rücken der äthiopischen Kaffeebauern ausgetragen werden. Wenn internationales Kapital in das nordostafrikanische Land fließen würde, dann käme das Zeitalter der Industrie und des Wohlstandes deutlich schneller. Denn bisher liefert Äthiopien, genau wie der Rest von Afrika, nur Rohstoffe an die Industrienationen, die auch noch über die Preise dafür bestimmen. Doch das soll sich ändern, da ist sich Äthiopien mit den anderen afrikanischen Staaten einig.

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