Echelon

Um die Funkaufklärungsstationen des Systems Echelon ranken sich in diversen Internetforen und Blogs unglaublich viele Mythen. Der Grund für einen Großteil dieser Theorien ist die traditionelle Verschwiegenheit der Sicherheitsbehörden und Militärs, wenn es um Details von geheimen oder gar streng geheimen Operationen geht. Diese Verschwiegenheit geht zurück in den Kalten Krieg und einer Zeit, in der Luftbilder oder Satellitenaufnahmen ähnlich denen wie sie bei Google Earth zu finden sind, nicht allgemein verfügbar waren. Am Besten nähert man sich dem Projekt Echelon über die technischen Anlagen und die seltenen öffentlich verfügbaren Informationen beispielsweise zu Parlamentsabhörungen.

Was ist Echelon?

Bei allen Standorten von Echelon handelt es sich um große Empfangsanlagen, die der elektronischen Funkaufklärung dienen. Optisches Highlight sind die golfballartigen großen Radome, unter denen sich die Antennentechnik befindet. Diese Radome können nicht nur für Abhörzwecke genutzt werden, sondern dienen auch für so manches stimmungsvolles Bild von Sonnenaufgängen vor moderner Technik. Die Abhörleistung erfasst Kommunikation, die mit nicht kabelgebundenen Sende- und Empfangsverfahren geführt wird. Manche Quellen schließen auch die Möglichkeit des Abhörens von kabelgebundener Kommunikatiopn nicht aus. Im Wesentlichen sollten aber die Schwerpunkt auf folgenden Sendeverfahren liegen: Handy-Kommunikation zwischen Funkmast und Mobiltelefon, Richtfunk-Gespräche und auch die über Satellit geführten Telefongespräche. Als Standorte werden in den Medien Morwenstow in England, zwei Abhörstationen in den USA (Sugar Grove, Yakima) und jeweils ein Standort in Neuseeland (Waihopai) und in Australien (Geraldton oder Pine Gap) genannt. In Deutschland machte vor allem die Station in Bad Aibling Schlagzeilen, die aufgrund veränderter sicherheitspolitischer Anforderungen inzwischen abgebaut worden ist.

Die Zielsetzung des Echelon-Projektes

Die Funkaufklärung des Echelon-Projektes dem rechtzeitigen Erkennen von Bedrohungen und Gefährdungslagen. Nach dem Wegfall des bipolaren Konflikts konnte die Bevölkerung in den westlichen Demokratien nur kurz eine Zeit des Friedens genießen. Schon bald gab es aber zunehmende Provokationen und auch Anschläge diversester Terroristengruppen, die die Religion als Mantel für ihre Aktivitäten gebrauchen. Der geographische Schwerpunkt des Echelon-Projektes hat sich in Folge dessen verschoben. Die Aktivitäten in Europa sind wesentlich weniger geworden. Lt. einer Untersuchung des Europäischen Parlamentes werden per Echelon aufgezeichnete Aktivitäten auch dazu genutzt, die amerikanische Wirtschaft vor Schaden zu bewahren. So konnte europäischen Unternehmen bei einer Verhandlung über Airbus-Käufe in Saudi-Arabien versuchte Bestechung nachgewiesen werden. Ansonsten liegen aber die geographischen Schwerpunkte mehr und mehr in den arabischen Staaten oder auch in Richtung des Fernen Ostens. Dort besteht die ständige Gefahr der noch weitergehenden Destabilisierung von Pakistan, Afghanistan und dem Iran. Durch rechtzeitiges „Bescheid wissen“ über mögliche neue Aggressionsherde sollen die dort lebenden Amerikaner und Europäer und die wirtschaftlichen Interessen nachhaltig geschützt werden.

Fundierte Kritik am Echelon-Projekt

Dennoch gibt es durchaus berechtigte, ernst zunehmende Kritik am Echelon-Projekt. Durch die Beteiligung mehrerer Staaten unter Führung der USA und die Klassifizierung als militärisches Projekt wissen die nationalen Parlamente beispielsweise Deutschlands oder Englands viel zu wenig über das tatsächlich anfallende Datenvolumen. Auch nicht darüber, welches Filterkriterium denn angewendet wird, um die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Wichtigster Kritikpunkt ist zudem die Menge der anfallenden Daten, die sich verstärkt seit den Vorfällen des 11. September 2001 manifestiert. Es wären so viele unabhängig von einander angefallene Informationen über die Terroristen vorhanden gewesen, dass eine rechtzeitige Inhaftierung wohl das Schlimmste verhindert hätte. Datenschützer und Bürgerrechtler sehen also die Auswertung bisher erfasster Daten und Spuren als wesentlich verlässlicher und besser an, als ein noch weitergehendes Sammelsurium an Daten anzulegen.

Die Eignung von Echelon für die Erfassung von militärischen Daten

Das Konstruktionsprinzip und die Organisation von Echelon sind eher für das Ausspähen von Bewegungen von Armeen oder von Kommunikationsaufkommen zwischen Regierungen geeignet. Deshalb stellen sich viele Betrachter die Frage, ob diese klassische elektronische Funkaufklärung im Zeitalter der neuen Medien überhaupt noch zielführend wäre. Die Erfassung von Funkwellen hat aber einen eindeutigen, nicht zu unterschätzenden Vorteil: Durch die Einpeilung des Senders oder der Senderantenne ist eine eindeutige Standortangabe vorhanden, die meist auch einem Nutzer zugeordnet werden kann. Im Zusammenhang mit diesen Positionsangaben können auch sehr schnell die Sendungen und Nachrichten von Unbeteiligten herausgefiltert und gelöscht werden. Befindet sich beispielsweise in einem Krisengebiet eine Station des roten Kreuzes oder der Entwicklungshilfe, so können deren Sendungen gleich gelöscht werden, da es sich ja sozusagen um einen sicheren Absender handelt. Die traditionelle elektronische Aufklärung mittels großflächiger, zentralisierter Anlagen eignet sich also eher zur Aufdeckung militärischer Operationen und drohender Konflikte. Nur die Spezialisten dort können wirklich sagen, ob auch verdeckte und hinterhältige Aktivitäten von terroristischen Zellen erkannt und rechtzeitig bekämpft werden können. In der Konsequenz spiegeln sich in der Diskussion um die Aufklärung durch Echelon die gleichen Zielkonflikte wie bei vielen Projekten der Innen- und Sicherheitspolitik. Welche Maßnahmen können oder sollen ergriffen werden, um die westliche Wertegemeinschaft zu schützen. Und wie weit dürfen die Einschränkungen und die Überwachung überhaupt gehen, um den Wesenskern der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht übermäßig zu beschädigen.

Diese Abwägung ist nicht einfach zu treffen und sie ist – vollkommen zu Recht übrigens – Bestandteil vieler Wahlkämpfe. Diese Diskussion wird nicht nur in Deutschland geführt, sondern sie spielte auch eine erhebliche Rolle bei der Positionierung der beiden Präsidentschaftsbewerber insbesondere im Wahlkampf 2008. Dort präsentierte sich Senator Barack Obama mit einem „Change“-Thema, der amtierende Präsident mit einem an einer robusten Außenpolitik. Letztendlich ist Echelon also für die einen ein Symbol der Verteidigung westlicher Werte, für die anderen ein Symbol zu großer staatlicher Eingriffe in die Bürgerrechte und die Freiheit. Dies zeigte sich auch in der Aufregung um ein kleines deutsches Aufklärungsschiff – des Flottendienstbootes Oker – über dessen Aktivitäten vor der syrischen Küste der Spiegel im August 2012 berichtete. Dieses gehört zwar lt. Presseberichten nicht zu Echelon, stellt aber auch Aufklärungskapazitäten zur Verfügung.

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