Technische Globalisierung

Im Bereich der Technik, Technologie und Wirtschaft hat die Globalisierung deutlich sichtbar die stärksten Auswirkungen – umgekehrt ist es jedoch auch vor allem die technische Entwicklung, besonders im Bereich der Kommunikations- und Datentechnologie, die die Globalisierung im heutigen Maßstab erst möglich gemacht hat. Mit dem stetigen Zusammenwachsen der Welt im technischen Bereich entstehen allerdings auch Probleme, die vorher nicht – oder wenigstens nicht in diesem Maßstab existiert haben, wie etwa die Frage nach der Ressourcenverteilung und im Bereich der Umweltverschmutzung. Darüber hinaus hat die Globalisierung technischer Bereiche auch einen tief greifenden Strukturwandel ausgelöst, dessen Folgen heute noch nicht absehbar sind. Hier ist insbesondere die Politik gefragt, Lösungen zu finden, um diesen Strukturwandel, vor allem im Bereich menschlicher Arbeit, zum positiven Nutzen der weltweiten Gesellschaften umzusetzen. Um das komplexe und sehr vielschichtige Phänomen Globalisierung und Technik umfassend zu beleuchten, wird es also nötig sein, die beiden grundlegenden Bereiche einmal getrennt voneinander zu betrachten: einerseits die Frage, welche technischen Entwicklungen auf die Globalisierung wirken, und andererseits wie und wie sehr die Globalisierung selbst technische Entwicklungen in der Gegenwart beeinflusst.

Welche technischen Entwicklungen sind am meisten maßgeblich für die Globalisierung?

In der Hauptsache sind es Kommunikationstechnologie und Datentechnologie, die wichtige Motoren für die Globalisierung darstellen, ohne die eine globale Welt, wie sie heute existiert, gar nicht denkbar wäre. Nur schnelle, grenzüberschreitende Datenübermittlungen und Kommunikationsmöglichkeiten, die auch in breitem Umfang genutzt werden, machen ein weltweites Zusammenwachsen überhaupt möglich. Dazu gehört aber auch die Entwicklung leistungsfähiger Endgeräte, die weltweit auch für die meisten Menschen problemlos zugänglich sind. In dieser Hinsicht erkennt man erst, was für einen gewaltigen Schritt hin zum globalen Dorf die modernen Kommunikationstechnologien bedeuten, mit dem Internet, mit mobiler Kommunikation und mit Entwicklungen wie dem Web 2.0. Denn nur wenn solche Technologien auch auf breiter Basis genutzt werden können, ist Globalisierung überhaupt erst realisierbar. Die Digitale Revolution, von der nachfolgend noch die Rede sein soll, gilt – wenigstens den Theoretikern – als so etwas wie der Startpunkt aller wichtigen Entwicklungen. Darüber hinaus kommen einzelne technische Entwicklungen im Transportwesen und in der Logistik, aber auch im Energiewesen dazu, die für ein weltweites Wirtschaften ebenfalls eine wichtige Voraussetzung darstellen.

Auf welche Weise beeinflusst die Globalisierung technische Entwicklungen?

Hier kommen durchweg verschiedene Faktoren zum Tragen. Der wichtigste Faktor ist sicherlich, dass heute ein wesentlich breiterer Technologietransfer stattfindet, als das noch vor zwanzig Jahren der Fall war. Seit die Welt nicht mehr in Blöcke wie Ost und West geteilt ist, ist bereits das wichtigste Hindernis für einen weltweiten Austausch von Technologien gefallen. Viel mehr eine Rolle spielt dabei aber, dass in der Welt, wie sie sich heute präsentiert, eine „nationale technische Überlegenheit“, früher ein erklärtes Grundprinzip amerikanischer Politik, keine allzu große Bedeutung mehr hat – weder wirtschaftlich noch militärisch. Das ist vor allem ein Verdienst der Politik, die in den letzten Jahrzehnten einem Zusammenwachsen der Welt den Boden bereitet hat. Nicht nur in wirtschaftlicher, sondern durchweg auch in technischer Hinsicht. Einen weiteren ganz wesentlichen Faktor hat bereits Darwin erkannt: Evolution, also Weiterentwicklung, findet immer dort am schnellsten und am ausgeprägtesten statt, wo sehr viele und sehr weitreichende genetische Unterschiede aufeinandertreffen.

Auf den Bereich der Technik übertragen, gilt dieses Prinzip genauso: Jedes Land, und noch viel mehr jede Kultur, löst ihre technischen Probleme mit einer ganz eigenen Herangehensweise. Die Art und Weise, wie bei der Problemlösung verfahren wird, oder wie Probleme überhaupt angegangen werden, unterscheidet sich von Kulturraum zu Kulturraum oft beträchtlich. Man denke zum Beispiel nur an die traditionelle asiatische Medizintheorie im Vergleich zur klassischen westlichen – größere Unterschiede könnte es kaum geben. Wobei keine Herangehensweise an ein Problem die grundsätzlich überlegene ist – auch die westliche, wissenschaftlich orientierte nicht. Es gibt dagegen für jedes bestimmte Problem eine optimale und mehrere suboptimale Lösungswege. Je mehr möglichst unterschiedliche Lösungswege dabei aber bereitstehen, um nebeneinander ausprobiert zu werden, desto schneller wird sich der optimale Lösungsweg für ein Problem herauskristallisieren und sich durchsetzen. Das ist ein Prozess, der mit der klassischen Evolution völlig vergleichbar ist – auch dort geht es darum, die möglichst optimale Anpassungsstrategie für bestimmte Umweltgegebenheiten zu entwickeln, die sich dann letztendlich genetisch wegen ihrer Überlegenheit auch durchsetzt. Darum sind Eisbären heute weiß und darum behandeln wir heute auch im Westen bereits viele Krankheiten wenigstens begleitend mit Akupunktur. Hinter beidem steckt ein Prinzip – das der Evolution.

Diese breite Auswahl an Lösungsmöglichkeiten zur Selektion für ein einzelnes Problem wird aber wiederum nur dann möglich und realisierbar, wenn ein entsprechend hoher Austausch zwischen den unterschiedlichen Kulturen stattfinden kann, und hier ist wiederum die Kommunikationstechnologie ein unverzichtbarer Träger. Nur damit ist ein Austausch zwischen den Kulturen und ihren Lösungswegen gegeben. Die Digitale Revolution, oder vielmehr die Informationsgesellschaft, in der wir leben, spielt dabei auch eine nicht zu unterschätzende Rolle. Nur wenn Informationen auch ein entsprechend hoher Wert eingeräumt wird, kann ein kultureller und technologischer Austausch erst stattfinden. Zudem braucht ein wirksamer Vergleich von Lösungswegen immer eine Vielzahl von Daten, die bewertet und unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert werden müssen. Auch dafür musste erst eine funktionierende technische Lösung geschaffen werden. Das ist der Verdienst der Digitalen Revolution.

Die Digitale Revolution

Was tatsächlich nun die digitale Revolution ausmacht, ist nicht ganz einheitlich definiert – für viele beginnt sie bereits mit dem Bau der ersten Computer in den siebziger Jahren, für andere erst mit dem Internet und dem Start seiner weltweiten Verbreitung am Anfang dieses Jahrtausends. Wissenschaftlich kann man hochrechnen, dass ungefähr im Jahr 2002 das erste Mal in der Geschichte der Menschheit mehr Daten digital gespeichert waren, als auf klassischen, analogen Medien. Auch das könnte man als den Startpunkt der Digitalen Revolution betrachten. Für sich allein genommen bedeutet sie lediglich eine technische Entwicklung – erst mit der Formierung einer Informationsgesellschaft bekommt sie dann auch für die Globalisierung eine maßgebliche Bedeutung.

Internationale Zusammenarbeit bei technischen Entwicklungen und wirtschaftliche Probleme durch die Globalisierung

Der weltweite Technologietransfer und die – kulturübergreifende – Entwicklung von gemeinsamen Lösungen für gemeinsame Problemstellungen führen aber zunächst einmal zu einem wirtschaftlichen Problem: nämlich dem der Verwertung von technologischen Entwicklungen. Es gibt damit nur ein sehr eingeschränktes nationales Monopol auf Entwicklungen und die wirtschaftliche Verwertung wird in vielen Fällen für die Urheber erschwert, was zu nicht wenigen Liquiditätskrisen großer, weltweit agierender Unternehmen geführt hat. Dazu kommt bei einem hohen Technologietransfer auch eine hohe Zahl von Nachahmungen und Kopien, die eine Verwertung zusätzlich erschweren. Die „genetisch überlegene“ Technologie setzt sich eben einfach durch – auf jedem ihr möglichen Weg. Bislang haben wir – außer Patenten und Markenschutzrechten – bis heute keine ausreichend wirksamen wirtschaftlichen und rechtlichen Strategien entwickelt, die für dieses Szenario einer weltweit gleichzeitig stattfindenden technologischen Evolution ausreichend geeignet wären. Das muss erst die Zukunft bringen, letzten Endes ist das aber auch ein evolutionärer Prozess, der ebenso wie die technische Entwicklung über Selektion und Durchsetzen des Überlegenen vor sich geht.

Strukturwandel durch Globalisierung

Die technische Weiterentwicklung in unserer Gesellschaft innerhalb der letzten zwanzig Jahre hat für sich schon einen massiven Strukturwandel, vor allem im Bereich der Erwerbsarbeit, ausgelöst. Auch die Globalisierung von Wissenschaft und technischer Weiterentwicklung hat in diesen Bereichen vieles grundlegend verändert. Ähnlich wie im Bereich der Wirtschaft fehlen auch hier noch die evolutionsgemäß erfolgreichen Anpassungsstrategien. Auf der gesellschaftlichen Ebene in den Einzelstaaten muss dagegen vor allem die Politik dafür sorgen, diesem Strukturwandel Rechnung zu tragen. Unsere traditionellen Gesellschaftsformen und Werte sind in diesem Umfeld nicht mehr vollständig aufrecht zu halten, wie beispielsweise die breit geförderte Lohnarbeit und staatlich geleitete, fernab von Märkten existierende und vorwiegend national orientierte Wissenschaften und Forschungseinrichtungen. Sie müssen sich an die neuen Gegebenheiten auch anpassen dürfen, und brauchen dazu in manchen Fällen politische Hilfen und weitsichtige Leitung von Seiten der Politik.

Globale Verteilung der Ressourcen und globale Umweltverschmutzung

Dieser Bereich steht ebenfalls in enger Verbindung mit technischen Entwicklungen. In vielen Fällen wird in Billiglohnländern unter nur sehr mangelhafter Einhaltung von grundlegenden Umweltschutzmaßnahmen produziert, gleichzeitig werden die natürlichen Ressourcen solcher Länder oft durch die Industrienationen übermäßig ausgebeutet. Wirtschaftlich schwache Länder müssen dabei oft die Auswirkungen von verheerend achtlosem Umgang mit Natur und Ressourcen tragen, und bekommen dabei kaum etwas vom Gewinn, der aus diesen Ressourcen entsteht, ab. Umgekehrt sind aber gerade die asiatischen Tiger und Indien ein sehr gutes Beispiel, dass Globalisierung diese Probleme nicht unbedingt verschärft, sondern – im Gegenteil – eher sogar lösen hilft. Der erleichterte Zugang vieler Inder zu Bildung und Ausbildung, und wesentlich erleichterte weltweite Handelsbeziehungen haben dazu geführt, dass heute viele ehemals sehr arme Länder wirtschaftlich sehr erfolgreich werden, und langsam den Anschluss an westliche Industrienationen finden können. In Zukunft wird man davon ausgehen können, dass die Globalisierung diese technische und wirtschaftliche Weiterentwicklung in vielen Ländern der Erde noch weiter fördern wird, und damit zu einer zunehmenden Demokratisierung führen kann. Dieser Prozess geht allerdings nur langsam vor sich, und man sollte auch hier wohl eher mit dem Generationenmaßstab messen.

Ausblick auf die Zukunft

Die Verflechtungen aus Technik und Globalisierung sind also sehr vielschichtig und durchweg als komplex zu betrachten – wie etwa der Strukturwandel in unseren Gesellschaften, der nicht zuletzt auch in vielen Bereichen auf die technische Globalisierung zurückzuführen ist. Zukünftig ist anzunehmen, dass sich alle diese Prozesse, ebenso wie die Globalisierung, selbst noch beschleunigen werden – ganz im Zeichen der Evolution. Vielleicht sogar als evolutionärer Sprung in dem einen oder anderen Bereich.

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