Globalisierung in Singapur

In kaum einem anderen Ort der Welt wird das Phänomen der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung und des internationalen Austausches von Waren, Dienstleistungen und Ideen so deutlich wie in Singapur. Dieses Phänomen ist übrigens ganz im Gegensatz zu so mancher Behauptung von Globalisierungsgegnern gar nicht neu! Die ostindische Tee-Kompanie aus Großbritannien wurde bereits im 18. Jahrhundert gegründet und exportierte unter anderem Tee und Seide in alle Länder der Welt – ausgehend von Lieferanten in China und anderen Teilen Asiens. Die Auswirkungen der zunehmenden weltweiten Arbeitsteilung sind enorm. Am Besten nähert man sich der Rolle Singapurs, wenn man den Personenverkehr und Warenaustausch sowie das Finanzwesen betrachtet.

Heimatbasis einer der renommiertesten Fluggesellschaften weltweit

Der Stadtstaat Singapur hat knapp über 5 Millionen Einwohner und trotzdem eine der renommiertesten Fluggesellschaften weltweit. Der erfolgreiche und sogar Gewinn erzielende Einsatz von über 100 Flugzeugen auf Kurz-, Mittel- und Langstrecken zeigt den hohen Grad der weltweiten Vernetzung von Singapur. Mit einem Sitzladefaktor von 77,4% konnte das Unternehmen eine Mehrzahl der Sitze auch tatsächlich zu Marktpreisen verkaufen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte das Unternehmen einen Gewinn von umgerechnet ca. 205 Millionen Euro erwirtschaften. Dies zeigt die positiven Auswirkungen und den Wertschöpfungsbeitrag, den die Globalisierung für Singapur hat. Alleine bei diesem einen Unternehmen arbeiten über 22.000 Mitarbeiter. In Bezug auf die Mitarbeiterzahl hat das Unternehmen zwar nur etwa ein Fünftel der Mitarbeiterzahl der Lufthansa – die sich aber auf eine Wirtschaftsnation mit über 80 Millionen Bevölkerung bezieht. Somit ist der Grad der Verkehrsvernetzung vergleichsweise höher als in Deutschland.

Wachstumsplatz für die Finanzindustrie

Der Stadtstaat Singapur wird zunehmend zu einem internationalen Finanzplatz, der nicht nur als Finanzdrehscheibe für Exporte und Importe für oder aus der asiatischen Region genutzt wird. So berichten verschiedene Zeitungen übereinstimmend, dass immer mehr Gelder von Europa nach Singapur transferiert werden. Singapur wird damit ein zunehmend bedeutenderer Finanzplatz, was mehrere Gründe hat: Einerseits schätzen die Geldanleger die vergleichsweise hohe politische Stabilität im Vergleich zu Finanzplätzen in der arabischen Welt. Andererseits werden viele Anleger durch die Regulierungswut in Europa mit ihren Geldanlagen regelrecht aus Deutschland und der Schweiz vertrieben – obwohl sie voll ihre Steuern bezahlen. Diese Entwicklung kann übrigens auch jeder Privatkunde nachvollziehen, der eines dieser umfangreichen Beratungsprotokolle gesehen hat oder zur Eröffnung eines Sparbuches fünfseitige Unterlagen bekommen hat.

Die volkswirtschaftliche Statistik des offiziellen „Statistics Department of SIngapore“ zeigt in einer beeindruckenden Graphik den volkswirtschaftlichen Anteil des Sektors „Financial Services“ (Finanzdienstleistungen) am Bruttosozialprodukt im Jahr 2011 von mehr als 10 %! Die Zahlen des deutschen Statistischen Bundesamtes weisen im Vergleich hierzu einen Anteil von knapp über 5 % am Bruttosozialprodukt für die Finanzindustrie aus. In Singapur hat die Finanzindustrie also eine doppelt so große Bedeutung am volkswirtschaftlichen Einkommen wie in Deutschland. Allerdings hat auch hier die weltweite, konjunkturelle Abkühlung Spuren hinterlassen. So ist die Niedrigzinsphase auch in Singapur angekommen, was beispielsweise in den 3-monatigen Zinssätzen zwischen Banken (SIBOR) in Höhe von 0,37 % im dritten Quartal 2012 zum Ausdruck kommt.

Offen für Menschen aus anderen Nationen

Die Bevölkerungsstatistik von Singapur weist drei unterschiedliche Gruppen Einwohner aus. Die Anzahl der Staatsbürger Singapurs ist beispielsweise im Zeitraum von 2009-2012 von 3,20 Millionen nur sehr leicht auf 3,29 Millionen angestiegen. Die Zahl der Ausländer mit einer ständigen Aufenthaltsgenehmigung bleibt im gleichen Zeitraum mit 0,53 Millionen unverändert. Eine nähere Betrachtung lohnt sich allerdings in der Gruppe der „non-residents“. Diese reisen für einige Jahre in Singapur ein und tragen als Gastarbeiter zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes nicht unerheblich bei. Deren Zahl ist inzwischen auf 1,25 Millionen gestiegen. Ein prozentualer Anteil, bei dem in nicht vorwärts gewandten Ländern schon längst die Stimmung gekippt wäre und eine Diskussion um die angebliche Überfremdung des Landes ausgelöst worden wäre. Hier zeigt sich Singapur als wahrer Schmelztiegel der Nationen und nutzt die win-win-Situation zwischen non-residents und der Weiterentwicklung der Wirtschaft.

Schnelle Verwirklichung von Projekten und Imageträgern

Anders als in vielen Ländern Europas ist der Zukunftsglaube und der Gestaltungswille in Singapur ungebrochen. Globalisierung bedeutet hier auch, dass die Stadt durch Attraktionen und Bauprojekte aufgewertet und die Lebensqualität verbessert wird. Damit wird die Zufriedenheit der Bewohner noch weiter erhöht, was Wirtschaftswachstum erst ermöglicht. So werden nicht nur für den Tourismus, sondern auch die Bewohner selbst, einzigartige und attraktive Sehenswürdigkeiten errichtet. „Gardens by thy Bay“ bietet Naturgenuss und lässt die Größe der Natur erfahren. Dabei beeindrucken sowohl die frei und ohne Eintritt zugänglichen Gärten, sowie die überdachte Regenwaldhalle. Dieses riesige Projekt nutzt die Erfahrung der weltweit renommiertesten Spezialisten und konnte ohne große Widerstände aus der Bevölkerung schnell realisiert werden. Der ständige Austausch von Ideen, Gütern und Dienstleistungen zeigt sich auch in der offenen Art und Weise, wie einzigartige Projekte realisiert werden können. Auch die vergleichsweise junge Geschichte der Formel1 wäre in keiner anderen Stadt so möglich: Ein Stadtkurs wird für das Rennen genutzt und es kamen keine wesentlichen Einwendungen oder Bedenken der Bevölkerung. Am besten sollte man diese Haltung mit der Haltung derjenigen vergleichen, die in Deutschland jedes neue Projekt überaus kritisch begleiten. Da werden Umweltbefürworter zu Eisenbahnbekämpfern.

Die Kultur- und Bildungsbehörden in Singapur legen einen Schwerpunkt auf das lebenslange Lernen, welches das beste weltweit verfügbare Wissen mit der asiatischen Kultur verbindet. Die Grundlagen werden schon in der Vorschule gelegt, die in einem Alter von vier bis sechs Jahren besucht wird. Die Zugangsberechtigung zur Universität kann der Schüler in 12 bis 14 Jahren erreichen. Die Dauer der Universitätsausbildung wird mit drei bis vier Jahren angegeben. Damit ist Singapur weit von den Sparbemühungen entfernt, die im alten Europa an die Ausbildung und die Universitäten gestellt werden. In vielen Kennzahlen und Schwerpunkten wird deutlich, wie die Globalisierung von Singapur nicht als Bedrohung, sondern als echte nutzenswerte Chance betrachtet wird. Nicht gerade direkt auf den Handelswegen zwischen Deutschland und Asien gelegen sind es Bildung und Infrastruktur sowie eine Weltoffenheit, die zum Wachstum beitragen.
Quellen:
http://www.singstat.gov.sg/stats/charts/econ.html
http://www.singaporeair.com/pdf/Investor-Relations/Annual-Report/annualreport1112.pdf

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