Globalisierung in Bosnien und Herzegowina

Der Staat Bosnien und Herzegowina ist einer der vielschichtigsten, aber auch kompliziertesten der Welt. Viele verschiedene Volksgruppen treffen hier aufeinander, sodass es schon ohne die Auswirkungen der Globalisierung oft schwierig ist, die Übersicht zu behalten.

Das komplizierteste System der Welt?

Das soll zumindest der Friedensforscher Thorsten Gromes einmal über das Regierungssystem von Bosnien und Herzegowina gesagt haben und ein Blick auf die insgesamt 104 Minister, die die insgesamt 4,06 Millionen Einwohner in den unterschiedlichen Gremien vertreten macht den Beobachter geneigt, dieser Aussage zuzustimmen. Die Demokratie in diesem Staat soll jeder Volksgruppe und jeder Partei eine Stimme geben und das führt auch in der Politik zu einer Vielfältigkeit und Masse, über die ausländische Beobachter oft nur staunen können. Der Staat Bosnien und Herzegowina entstand am 2. März 1992 als das Land offiziell aus dem ehemaligen Jugoslawien austrat und zur damaligen Republik Bosnien und Herzegowina wurde. Der neue Staat wurde schnell international akzeptiert, nur die einzelnen Volksgruppen waren sich noch nicht sicher, wohin der Weg der Republik gehen sollte.

Daraus resultierte der Bosnienkrieg, der erst 1995 mithilfe internationaler Mediation beendet werden konnte. Es entstand Bosnien und Herzegowina mit dem heutigen politischen System, in dem alle Religions- und Volksgruppen sowie deren Meinungen und Forderungen berücksichtigt werden sollten. Dabei stehen unter der eigentlichen Regierung die Länder Föderation von Bosnien und Herzegowina und die Republik Srpska, die beide eine eigene Exekutive und Legislative haben und beide auch noch eigene Regierungen und Interessengemeinschaften haben. Dazu gibt es extra Mandate, die sich um internationale Mandate bemühen. Es gibt unzählige Parteien mit den verschiedensten Programmen, wobei allerdings nur die wenigsten bei der Regierungsbildung eine Rolle spielen. Doch auch bei der Regierungsbildung gibt es immer wieder Konflikte, die zu eskalieren drohen und nur durch starken äußeren Druck aufgelöst werden können. So konnte nach den Wahlen 2010 keine angenommene Regierung gebildet werden, da die Parteien Konflikte miteinander austrugen, die sie lange nicht überwinden konnten. Erst als Zahlungen und Kredite durch den Internationalen Währungsfond und die Europäische Union ausblieben kam es zu einer Einigung.

Dabei wird schnell eines der großen Probleme von Bosnien und Herzegowina deutlich. Die Globalisierung kann nicht aktiv gestaltet werden, solange nicht das eigene Land geeinigt wird. Das wird auch in der Außenpolitik deutlich, denn Verhandlungspartner können sich nie sicher sein, welchen Kurs das Land in der nächsten Zeit fahren wird und welche Interessengemeinschaft die eigenen Forderungen am besten vertreten werden kann. Oft ist noch nicht einmal sicher, wie lange der Staat in seiner jetzigen Form überhaupt noch existiert, da gerade die Republik Srpska immer wieder mit einer Abspaltung drohen, vor allem aber, um politische Forderungen auch gegen eine Mehrheit durchzusetzen. Dabei ist der Staat Mitglied in verschiedenen Zusammenschlüssen, wie zum Beispiel den Vereinten Nationen oder des Europarats. In der EU ist Bosnien und Herzegowina bisher noch kein Mitglied, es wird aber als potenzieller Beitrittskandidat gehandelt. Doch auch die Maßnahmen, die für einen Beitritt beschlossen werden müssten, sind stark umstritten. Ein Schlüsselproblem ist dabei die politische Zentralisierung, die die EU fordert. Dadurch würden viele regionale Unterregierungen an Macht verlieren, was auf harte Kritik stößt.

Globalisierung im Alltag- zwischen Vielfalt und Diskriminierung

In Bosnien und Herzegowina gibt es unterschiedliche Religionen, wobei der Islam und unterschiedliche Ausrichtungen des Christentums den Großteil ausmachen. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass die Macht der Religion in der Zeit der Sowjet Union viel Macht im Alltag der Menschen verloren hat. Daher ist für diese heute die Traditionen und die Bräuche wichtiger als die eigentliche Auslebung der religiösen Mythen wesentlich wichtiger. Die Menschenrechte werden dennoch nicht in allen Bereichen eingehalten. Frauen werden nicht nur im Alltag, sondern oft auch bei der Beschäftigung diskriminiert, Homosexualität führt zu sozialen Ausgrenzungen, es kommt oft auch zu gewaltsamen Übergriffen, wenn Sexualität offen ausgelebt wird. Besonders gefährlich ist das Land für Journalisten, die Angriffe gegen die Menschenrechte anprangern. Sie werden attackiert und ihre Rechte werden immer wieder alarmierend beschnitten. Todesdrohungen sind keine Seltenheit. Solche Kampagnen werden oft von staatlichen Ämtern, Politikern oder anderen Personen des öffentlichen Lebens gestartet, sodass Betroffene nicht damit rechnen müssen, Hilfe von den zuständigen Stellen zu erhalten.

Die einzelnen Volksgruppen sind darüber hinaus auch durch unterschiedliche Sprachen getrennt, sodass es auch im Alltag immer wieder Barrieren gibt. Jede Sprache hat eigene Medien und somit ist es schwierig für die Bevölkerung sich eine objektive Meinung über die eigenen Grenzen hinaus zu schaffen, auch wenn die Hauptsprachen des Landes üblicherweise von allen verstanden werden. Bei vielen Menschen besteht in diesem Zusammenhang aber gar kein Drang Einheit zu beweisen, vielmehr dienen auch alltägliche Handlungen dazu, die eigenen Überzeugungen zu repräsentieren. So werden in der Republik Srpska die Feiertage zur Unabhängigkeit und zur Ausrufung der Bundesrepublik nicht gefeiert, stattdessen sind die Tage der Republik und der Tag des Kriegsendes mit dem dazugehörigen Abkommen Feiertage.

Wirtschaftliche Krise durch Globalisierung

Schon zu Zeiten des Staates Jugoslawien zählten Bosnien und Herzegowina zu einer der wirtschaftlich schwächsten Regionen des Landes. Durch den folgenden Krieg hat sich diese Situation zwischenzeitlich noch verschlechtert. Danach kam es auch durch internationale Hilfe und die Regelungen der Banken zu einem Wirtschaftswachstum, auch weil viele Unternehmen ihre Ware auf dem neuen Markt vertrieben, da es hier bis 2006 keine Mehrwertsteuer gab. Dabei wird aber immer wieder die Ineffizienz des öffentlichen Sektors angeprangert. Ausländische Investoren und Unternehmer sehen sich mit einem hohen, langwierigen und teuren bürokratischen Aufwand konfrontiert. Weitere Probleme mit dem Arbeitsmarkt folgen durch die strikte Teilung innerhalb des Landes. Oft ist der Ausweg aus diesen Problematiken die Korruption, die in Bosnien und Herzegowina eine weit verbreitete Praxis ist und von der örtlichen Polizei kaum verfolgt wird. Vielmehr ist auch diese von Korruption stark betroffen. Durch die Globalisierung wurde Bosnien und Herzegowina auch von der internationalen Finanzkrise stark beeinflusst. Die Exporte von Mineralien und Holz fielen fast komplett weg, Firmen wurden geschlossen, dadurch sank auch die Kaufkraft im Inland. Bis heute hat sich der Staat von diesem Rückfall noch nicht erholt.

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