Atombombe Hiroshima

Die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki erreichten zweifelhaften Ruhm, weil dort mit dem Abwurf der ersten beiden Atombomben weltweit der Zweite Weltkrieg auch für Japan und die USA beendet wurde. Bereits am 16. Juli 1945 hatte der amerikanische Präsident Harry Truman nach erfolgreichen Tests beschlossen, die Bomben einzusetzen. Am 25. Juli erging der Befehl, und zwischen dem 6. und 9. August 1945 wurden die Städte getroffen.

Vor allem die Stadt Hiroshima wurde in den folgenden Jahren weltweit zum Symbol der Zerstörungskraft von Atomwaffen, aber auch zum Pilgerziel aller, die den Bann atomarer Sprengkörper forderten und fordern. Hiroshima war zuvor (im Gegensatz zum geschichtsträchtigen Nagasaki) eine unscheinbare Stadt, die auf eine Burg aus dem 17. Jahrhundert zurückging. Die Stadt gewann im Laufe der Jahrhunderte an Einfluss, die Einwohnerzahl wuchs, und Ende des 19. Jahrhunderts wurden Hafen und Bahnlinien ausgebaut. Die Stadt war kaiserliches Hauptquartier während des Ersten Japanisch-Chinesischen Krieges in den 1890er Jahren, bis zum Zweiten Weltkriegs wuchs sie zur siebtgrößten Stadt Japan. Sie war eines der militärischen Zentren, und das durfte die Entscheidung, genau in dieser Stadt atomare Sprengkörper einzusetzen, beeinflusst haben.

Hiroshima, 6. August 1945, 8.15 Uhr Ortszeit

Das ist der genaue Zeitpunkt des Abwurfs der Atombombe Little Boy über Hiroshima. Die Bombe wurde in einer Höhe von 9.450 Metern aus dem amerikanischen Bomber Enola Gay geworfen und detonierte Sekunden später in der Luft etwa 600 Meter über der Stadt. Dadurch, dass die Bombe nicht auf dem Boden detonierte, sondern bereits in der Luft explodierte, kam zu keinem radioaktiven Fallout, die Strahlung wirkte unmittelbar und nur während der Explosion. Das war schlimm genug: Etwa 80 % der bis dahin intakten Stadt wurden mit dem Bombenabwurf zerstört, 90.000 Menschen kamen vermutlich sofort ums Leben. Weitere geschätzte 90.00 bis 166.000 Menschen starben in den Jahrzehnten danach an den Folgen der freigesetzten Strahlung.

Die Strahlenbelastung im zerstörten Teil Hiroshimas ist heute nicht höher als an anderen Orten in Japan: Abgesehen von der natürlichen Hintergrundstrahlung ist nichts messbar. Das ist der Detonation der Bombe in der Luft zu verdanken. Hiroshima wurde ab 1949 wieder aufgebaut, die Stadt ist heute mit 1,1 Millionen Einwohnern die elftgrößte Stadt Japans und ein wichtiger Industriestandort.

Geschehnisse in Hiroshima

Was war am 6. August 1945 genau geschehen? Im Vorfeld der Bombenabwürfe waren die US-amerikanischen Streitkräfte durch ein langsames Vorgehen von Insel zu Insel durch den gesamten Pazifik immer näher an Japan herangekommen und konnten zuletzt Langstreckenraketen auf Ziele innerhalb Japans richten. Damit war der Krieg auf den japanischen Inseln angekommen und die Zivilbevölkerung war involviert – das war in der Geschichte Japans so noch nicht vorgekommen und löste in Japan einen großen Schock aus.

Abgesehen davon wurde die japanische Kriegsindustrie durch die Maßnahmen schwer getroffen. In Schlachten um Iwojima und Okinawa wurde die Landung amerikanischer Truppen auf den Hauptinseln vorbereitet. Trotz der nicht sehr ermutigenden Lage war Japan nicht bereit zu kapitulieren, man bat lediglich um Friedensgespräche. Die japanischen Soldaten selbst zeigten laut Befragung einen enormen Kampfeswillen.

Ein Eingreifen Russlands stand im Raum, als Anfang Juli 1945 die Atomwaffentests der USA erfolgreich waren und die Bombe Little Boy bereits im Pazifik verschifft wurde. Die Stadt Hiroshima war bis dahin nicht getroffen worden, die Stadt war weitestgehend intakt. Sie bot 255.000 Menschen Heimat, davon waren etwa 10 % Zwangsarbeiter aus China und Korea. Die 2. Hauptarmee Japans unter Feldmarschall Hata Shunroku hatte hier ihren Hauptsitz, und kriegswichtige Güter wurden an diesem Truppensammelpunkt gelagert. Im Gegensatz zu anderen in Frage kommenden Städten gab es kein Kriegsgefangenenlager, und die Stadt bestand aus Holzbauten (abgesehen von wenigen Betonbauten im Kern).

Daher rechneten die amerikanischen Planer mit einem Feuer, das nicht nur die Stadt, sondern auch angrenzende Industrieanlagen zerstören sollte. Little Boy war mit seiner Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT am 31. Juli 1945 einsatzbereit. Die drei Meter lange Bombe wartete auf der Insel Tinian auf den Einsatz, der wegen eines Taifuns am 1. August verschoben werden musste.

Startbefehl für die Bombe

Am 4. August erging der genaue Befehl an den Piloten Paul Tibbets, und am 6. August war ein wolkenfreier Himmel über Hiroshima vorausgesagt. Um 2.45 Uhr startete die Enola Gay in Begleitung zwei weiterer Flugzeuge. Die Besatzung fürchtete eine vorzeitige Detonation der Bombe und war dementsprechend verängstigt, auch wenn sie nicht wusste, welche Art von Bombe sie transportierte. Die drei Flugzeuge wurden gegen 7.00 Uhr Ortszeit von den Japanern gesichtet, aber kleinere Formationen sollten aus Spargründen nicht mehr abgefangen werden. Daher konnten die Flugzeuge von Iwosjima aus bis weit über die japanischen Hauptinseln kommen.

Über Radio wurde der Bevölkerung geraten, Schutzräume aufzusuchen, auch wenn man von Aufklärungsflugzeugen ausging. Um 8.15 Uhr wurde die Bombe in der Enola Gay gelöst, und die Flugzeuge flogen ein Wendemanöver. Eine halbe Minute später detonierte Little Boy etwa 600 Meter über der Innenstadt Hiroshimas, genau über dem Krankenhaus Shima-Klinik. Anvisiert war eigentlich die 250 m entfernte Aioi-Brücke. Nach weniger als einer Minute waren 80 % der Stadt verschwunden, der Feuerball hatte einen Kerntemperatur von mehr als einer Million Grad Celsius sorgte dafür, dass Bäume sogar in einer Entfernung von mehr als 10 km schlicht in Flammen aufgingen. 70.000 der insgesamt 76.000 Häuser der Stadt waren sofort zerstört oder stark beschädigt.

Der bei solchen Explosionen übliche Atompilz stieg in eine Höhe von etwa 13 km auf und ließ radioaktives Material im Umfeld herabregnen. Geschätzte 80.000 Menschen kamen in der Hitze und der folgenden Druckwelle sofort um. Weitere 10.000 Menschen starben in den nächsten Tagen und Wochen an der radioaktiven Strahlung, der sie ausgesetzt waren. Die Menschen, die vor der Hitze im Fluss Rettung gesucht hatten und nicht ertranken, hatten radioaktives Wasser geschluckt und litten an Haarausfall, bevor sie den inneren Verletzungen erlagen.

Eine Legende

Im Umkreis von 500 m um die Abwurfstelle starben 90 % der Menschen sofort, im weiteren Umkreis von 1 km waren es noch 59 % der Menschen. Die genaue Zahl der Opfer ist noch immer unbekannt, denn bis heute sterben Menschen in Hiroshima an Krebserkrankungen, die auf die Strahlenwirkung der Bombe 1945 zurückgeführt werden. Schätzungen zufolge trifft das auf etwa 9 % der Krebserkrankungen in den Jahren 1950 bis 1990 zu. Überlebende des Bombenabwurfs werden in Japan als Hibakusha bezeichnet – es gibt sie immer noch.

Aber ein Mädchen erlangte ganz besonderen Ruhm. Die kleine Sadako Sasaki spielte zur Zeit des Bombenabwurfs mit ihrer Katze am Flussufer. Als das radioaktive Material des Atompilzes herabregnete, hielt sie sich im Freien auf. Sie dachte sich – wie viele Kinder – nichts dabei. Erst vier Jahre später, als Sadako zwölf Jahre alt war, erkrankte sie an Leukämie. Der aggressive Krebs wurde mit der atomaren Strahlung der Bombe in Verbindung gebracht. Sadako wurde im Krankenhaus betreut und faltete während dieser Zeit unzählige Papierkraniche. Eine japanische Legende besagt, dass, wer tausend Papierkraniche faltet, von den Göttern einen Wunsch gewährt bekommt. Sadako starb, aber ihre Klassenkameraden und Freunde initiierten, dass 1958 ein Kinderfriedensdenkmal mit ihrer Statue in Hiroshima errichtet wurde.

Die Geschichte von Sadako Sasaki ist weltweit in unzähligen Büchern, auch Kinderbüchern, aufgeschrieben worden, und jedes japanische Kind kennt sie in Zusammenhang mit der Legende der Tausend Kraniche. Rund um das Kinderdenkmal in Hiroshima werden ständig Ketten aus Hunderten und Tausenden von Papierkranichen von Kindern aus aller Welt, von Schulklassen, Überlebenden und Touristen niedergelegt. Ende Juli findet jedes Jahr bei den Papierkranichen in den Glaskästen und der Statue Sadakos eine Gedenkfeier statt.

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