Hisbollah

Die Hisbollah ist eine islamistisch ausgerichtete Organisation im Libanon mit mehreren tausend Mitgliedern. Sie wurde ursprünglich als paramilitärische Widerstandsgruppe gegründet und setzt sich heute aus einer paramilitärischen Armee und einem politischen Arm, der gleichnamigen Partei Hisbollah, zusammen. Der arabische Begriff Hisbollah bedeutet wörtlich „Partei Gottes“; alternativ sind unter anderem die Schreibweisen Hizbollah und Hezbollah gebräuchlich. Die Organisation wird von geistlichen Gelehrten geführt. Ihr Generalsekretär ist seit 1992 der schiitische Geistliche Hassan Nasrallah. Darüber hinaus sieht die Hisbollah als Gemeinschaft gläubiger Muslime den iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khamenei als ihren obersten geistlichen Führer an. Die Ideologie der Hisbollah basierte ursprünglich auf dem erklärten Ziel, im Libanon einen islamischen Staat nach iranischem Vorbild zu errichten, was die Organisation im Zuge der verstärkten politischen Einbindung inzwischen revidiert hat.

Heute setzt sich die Hisbollah offiziell für eine Reform des bestehenden konfessionellen Systems im Libanon ein und bekennt sich zugleich zur Religionsfreiheit. Neben den religiösen und sozialen Zielen in ihrer Heimat fordert die Hisbollah die Befreiung der von Israel besetzten Schebaa-Farmen im Grenzgebiet zwischen Israel, Syrien und dem Libanon, deren umstrittene Zugehörigkeit bis heute zwischen Israel und Syrien für Spannungen sorgt.

Die Hisbollah ist in ihrer Ideologie seit ihrer Gründung stark antisemitisch geprägt und spricht dem jüdischen Staat Israel bis heute das Existenzrecht ab. Im Libanon erfährt die Gruppe insbesondere in den südlichen Landesteilen einen starken Zuspruch, hat sich aber durch ihr starkes soziales Engagement und ihre anti-israelische Haltung auch in anderen Landesteilen und unter nicht-muslimischen Bevölkerungsgruppen etabliert. Die Hisbollah ist als eigenständige Partei politisch aktiv und im libanesischen Parlament seit 1992 vertreten. Seit 2011 ist sie als Teil des Bündnisses „8. März“ an der Regierung beteiligt.

Ursprünge der Hisbollah als paramilitärische Gruppe

Die Hisbollah entstand zu Zeiten des libanesischen Bürgerkriegs zwischen 1982 und 1985 als paramilitärische Gruppierung. Sie ging aus verschiedenen schiitischen Gruppen hervor, die mit iranischer Unterstützung gegen die israelische Besatzung im Libanon kämpften. 1985 erfolgte die offizielle Gründung durch Ali Akbar Mohtashami. Von Beginn an stand dabei der bewaffnete Kampf gegen den Staat Israel im Vordergrund; so war die Hisbollah während des Bürgerkriegs aktiv an den Kämpfen gegen Israel beteiligt, die sie vor allem von ihrem Stammgebiet im südlichen Libanon aus führte.

1989 verweigerte die Hisbollah als einzige Miliz die Abgabe ihrer Waffen und verfügt bis heute über umfangreiche Waffenbestände. auch nach Ende des libanesischen Bürgerkriegs und dem vollständigen Rückzug der israelischen Armee waren militärische Stützpunkte im nördlichen Israel wiederholt Ziel von Angriffen durch die Hisbollah-Kämpfer; so wurde der Libanonkrieg 2006 durch eine Konfrontation zwischen Hisbollah-Milizen und israelischen Truppen ausgelöst. In diesem Zusammenhang wurde der Hisbollah wiederholt vorgeworfen, Zivilisten als Schutzschilde missbraucht zu haben und bei ihren Angriffen auf israelischem Gebiet Opfer unter der Zivilbevölkerung vorsätzlich in Kauf genommen zu haben.

Bis heute werden der Hisbollah außerdem zahlreiche Anschläge und Selbstmordattentate gegen das israelische Militär und gegen israelische Einrichtungen zugeschrieben; auch an vielen weiteren Anschlägen im Libanon, auf israelischem Gebiet und an anderen Orten weltweit soll die Hisbollah maßgeblich beteiligt gewesen sein. Ziele dieser Anschläge waren immer wieder auch US-amerikanische und andere westliche Einrichtungen.

Finanzierung und Aktivitäten der Hisbollah

Die Hisbollah wird seit ihrer Gründung vom Iran offen finanziert und materiell unterstützt. Dazu zählt unter anderem die Ausstattung mit Waffen iranischer, chinesischer und russischer Herkunft, die vor allem auf dem Seeweg sowie von Syrien aus ins Land gebracht werden. Finanzielle Unterstützung erfährt die Hisbollah ebenfalls von sunnitischen Staaten, die die Gruppe trotz konfessioneller Spannungen mit dem Iran in ihrem Kampf gegen Israel fördern.

Darüber hinaus finanziert sich die Hisbollah heute zum Teil über den internationalen Schmuggel von Gütern wie Drogen, Zigaretten und Diamanten. Die Hisbollah unterstützt ihrerseits islamische Gruppen in verschiedenen europäischen Ländern und betreibt im Libanon diverse Einrichtungen und Hilfsorganisationen, die jedoch aufgrund ihrer antisemitischen Propagandaarbeit in der Vergangenheit zum Teil Ziel ausländischer Verbotsbemühungen waren. Im Libanon betreibt die Organisation außerdem einen regionalen Fernsehsender und eine Satellitenstation, über die sie ebenfalls Propagandaarbeit betreibt. Auch der 1988 gegründete Radiosender Al-Nour steht der Hisbollah nahe.

Wenngleich das soziale Engagement der Hisbollah international kritisch betrachtet wird, verhalf es ihr auf nationaler Ebene zu einem verstärkten Zuspruch. Auf politischer Ebene ist die Hisbollah seit 1992 im libanesischen Parlament vertreten und profitiert insbesondere von der israelfeindlichen Stimmung im Land und von ihrer aktiven Unterstützung der Palästinenser. Seit Juni 2011 ist die Hisbollah als Teil des Bündnisses „8. März“ an der Regierung des parteilosen Ministerpräsidenten Najib Mikati beteiligt und stellt im 30-köpfigen Kabinett den Energieminister.

Internationale Beziehungen und Klassifizierung als Terrororganisation

Die Haltung der internationalen Staatengemeinschaft zur stark militärisch ausgerichteten Hisbollah ist bis heute zweigespalten. Wenngleich die Hisbollah gemäß einer UN-Resolution aus dem Jahr 2004 zur Abgabe ihrer Waffen verpflichtet ist, ist sie dieser Aufforderung bis heute nie nachgekommen. Während sie sich im Libanon inzwischen als politische Kraft etabliert hat, wird sie sowohl von Israel als auch von den USA, Großbritannien und Kanada als Terrororganisation eingestuft. Die Europäische Union klassifiziert die Hisbollah ebenso wie viele Einzelstaaten nicht als terroristische Gruppierung, wenngleich die terroristischen Aktivitäten der Organisation in der Vergangenheit wiederholt Thema im EU-Parlament waren.

Die Vereinten Nationen wiederum führen keine allgemeine Liste terroristischen Organisationen. Als rechtmäßige Widerstandsgruppe wird die Hisbollah im Libanon, in Syrien und im Iran angesehen. Für Spannungen sorgen auf internationaler Ebene neben der Weigerung der Hisbollah, das Existenzrecht des Staates Israel anzuerkennen, vor allem die bis heute andauernden militärischen Aktivitäten der Gruppe. Die Hisbollah unterhält ein militärisches Kommando, das unter der Führung von zwölf islamischen Gelehrten steht und dessen Stärke umstritten ist.

Wenngleich sich die Führung der Hisbollah in der Vergangenheit von islamistischen Terroranschlägen distanziert hat, werden ihnen zahlreiche terroristische Anschläge und Selbstmordattentate ganz oder teilweise zugeschrieben. So wird die Hisbollah unter anderem für zwei terroristische Anschläge gegen israelische Vertretungen in Argentinien in den Jahren 1992 und 1994 verantwortlich gemacht und soll außerdem für die Entführung eines zu Tode gefolterten US-amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters im Jahr 1988 mitverantwortlich sein. Auch Mörderangriffe, Geiselnahmen und Entführungen auf israelisch besetztem Gebiet wurden von den Hisbollah-Milizen vor und während des Libanonkrieges regelmäßig durchgeführt; nach dem Rückzug der israelischen Armee setzte die Hisbollah die Angriffe auf israelischem Boden fort. Im Jahr 2004 fand unter deutscher Vermittlung ein Gefangenenaustausch zwischen beiden Seiten statt.

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