Minoische Eruption

Vielen ist die als Reiseziel beliebte griechische Insel Santorin im Mittelmeer bekannt. Doch unter ihr lauert ein brodelndes Geheimnis, das ihre Form vor vielen Jahrhunderten stark veränderte. Der Prozess, der damit einherging, wird heute als die Minoische Eruption bezeichnet. Mit diesem Begriff wird der spätbronzezeitliche Ausbruch der heutigen Insel Santorin im 17. oder 16. Jahrhundert v. Chr. bezeichnet. Damals hieß diese ägäische Vulkaninsel noch Thera.

Ursachen der Minoischen Eruption

Doch was waren die Ursachen dieser Eruption? Die Vulkaninsel Thera entstand aufgrund plattentektonischer Vorgänge. Sie ist Teil eines vulkanischen Inselbogens in der südlichen Ägäis. Die vulkanische Aktivität entsteht, da an dieser Stelle die Afrikanische und die Eurasische Platte subduzieren. Das bedeutet, dass diese zwei Platten kollidieren und die Afrikanische unter die Eurasische Platte abtaucht. Dies führt dazu, dass das unter der Insel liegende Mantelgestein teilweise aufgeschmolzen wird und sich als vulkanische Aktivität an der Erdoberfläche bemerkbar macht. Da die abtauchende Platte große Mengen Meerwasser mit sich führt, wird der Schmelzpunkt des Mantelgesteins herabgesetzt, wodurch schon bei niedrigerer Temperatur eine Schmelze gebildet werden kann. Dies macht sich auch in der Zusammensetzung des Magmas bemerkbar, da es besonders zähflüssig und gasreich ist.

Aufgrund dieser Bedingungen zählt der Vulkan auf Santorin zu den explosiven Vulkanen. Im 17. oder 16. Jahrhundert v. Chr. bewies er seine hohe Explosivität. Der als Minoische Eruption bekannte Ausbruch war der jüngste Ausbruch auf Santorin und ist einer der 10 größten Vulkanausbrüche, wenn nicht sogar der größte, der letzten 10000 Jahre. Er schuf die noch heute sichtbare Calderastruktur der Insel, die sich bildet, wenn ein Vulkan in sich einstürzt, nachdem er seine riesigen Magmakammern nach einem großen Ausbruch entleert hat.

Der Ablauf der Minoischen Eruption

Der exakte Zeitpunkt der Eruption kann heute nicht mehr genau bestimmt werden. Die Datierung dieser ist heutzutage eine der am heftigsten umstrittenen Fragestellungen in der archäologischen Forschung. Fest steht lediglich, dass der Ausbruch zwischen 1500 und 1650 v. Chr. stattgefunden hat. Der Ablauf der Eruption wird heute anhand geologischer Nachforschungen in vier große Phasen unterteilt. Diesen voran gingen mehrere Erdbeben, durch die die Bewohner die Insel verließen. Danach begann nach einiger Zeit der eigentliche Ausbruch. Die erste Phase dauerte nach Schätzungen etwa eine bis acht Stunden und bestand aus einem außerordentlich explosiven Ausbruch, plinianischen Eruption genannt. Bei diesem wurden leichter Bimsstein und Asche ausgestoßen.

Da anfangs noch kein Wasser in den Vulkanschlot gedrungen war, wurde das Material durch vulkanische Gase aus dem Krater befördert. In der obersten Lage der ersten Phase mischten sich jedoch anschließend pyroklastische Ströme in die lockeren Ablagerungen ein, da die Lava Kontakt zum Meerwasser bekommen hatte. Zum Beginn des Ausstoßes trat weißes Material aus. Danach wechselte dieses zu rosa. In dem nun austretenden Material lagerten sich zunehmend Gesteinsbrocken ein, die eine leuchtend gelbe, orange und rote Färbung aufwiesen. Die unterschiedlichen Farben wurden aufgrund der zunehmenden Temperaturen der Gesteine hervorgerufen, die sie aus vorherigen Schichten beziehungsweise als sie auf den Boden auftrafen, innehatten.

Mehrere Phasen der Eruption

Durch das Eindringen des Meerwassers in den Vulkanschlot wurde die zweite Phase der Eruption eingeleitet. Aufgrund des Kontaktes mit dem Wasser und des Verdampfens von diesem wurde eine phreatomagmatische Eruption ausgelöst, bei der ein Vielfaches der vorher vorhandenen Energie erzeugt wurde. Durch diesen Zuwachs an Energie konnte nun auch wesentlich schweres Material ausgestoßen werden. Somit wurden nun Blöcke verschiedenster Größe, Aschen und erbsen- bis nussgroße Pyroklasten, Lapilli genannt, ausgestoßen. Die Größe der Blöcke reichte von wenigen Zentimetern bis zu einem Durchmesser von 5 Metern. Diese zweite Phase dauerte etwa eine Stunde. Neben den Ablagerungen des ausgestoßenen Materials hatte sie auch zur Folge, dass der Vulkanschlot in südlicher Richtung aufriss.

Nachdem diese Phase vorbei war, schloss sich die nächste mit dem größten Ausstoß vulkanischen Materials an. Nun flossen kontinuierliche Ströme aus dem Vulkan und rissen riesige Gesteinsbrocken bis zu einem Durchmesser von 20 Metern mit sich. Diese waren eingebettet in Flüsse von Lapilli, Ascheströme und auch in Ströme von Schlamm, bestehend aus Bimsstein mit einem hohen Wasseranteil. Die genannten Schlammströme bildeten sich erst gegen Ende der Phase, da durch eine Verlagerung des Schlotes erneut Seewasser eindrang und sich mit dem vulkanischen Material vermischte. Das ausströmende Material führte dazu, dass ein Hohlraum in dem Vulkan entstand und die Insel somit über ihm zusammenbrach, wodurch die Nordhälfte der heutigen Caldera geformt wurde. All die Ablagerungen dieser Phase erreichten zum Teil eine Dicke von 55 Metern.

Als Letztes schloss sich eine Phase mit weniger Eruptionsenergie an. In dieser lagerten sich Ignimbrit-Schichten, Lahar-Flüsse, Ascheströme und gewaltige Schuttmengen ab. Die mitgerissenen Gesteinsbrocken erreichten nun maximal eine Größe von 2 Metern. Dennoch wurde noch einmal eine Menge Material abgelagert, das je nach Geländeprofil eine Dicke bis zu 40 Metern aufweist.

Folgen der Minoischen Eruption

Der Ausbruch auf Santorin beeinflusste die benachbarten Inseln, aber zum Teil auch weiter entfernte Gebiete. Durch die riesige Eruptionswolke, die geschätzt eine Höhe von 36 Kilometern erreichte, wurde eine Menge feiner Asche in die Stratosphäre befördert. Dies führte vermutlich zu globalen Klimaschwankungen. Die Überreste dieser Asche sind heute noch weit verstreut nachzuweisen. So findet man sie zum Beispiel im gesamten östlichen Mittelmeerraum. Aber auch im Inlandeis von Grönland lassen sich Aschereste dieses Ausbruches nachweisen. Die verheerendsten Folgen bekam jedoch der östliche Mittelraum zu spüren. Flutwellen, Erdbeben und Ascheregen erschwerten das Leben der dort ansässigen Bevölkerung.

Es traten Missernten auf und wichtige Handelsbeziehungen wurden unterbrochen, was zu politischen und sozialen Umwälzungen führte. Eine der umstrittensten Fragen ist, ob durch den Ausbruch die Minoische Kultur vernichtet wurde. Durch das Zerstören der Insel bei der Eruption und die damit verbundene Vernichtung der Siedlung Akrotiri auf der Insel wird über ein Aussterben dieser Kultur spekuliert. Da keine schriftlichen oder bildlichen Darstellungen von der Eruption durch dieses Volk hinterlassen wurden, sind die Auswirkungen auf deren Kultur und Leben unklar. Jedoch sprechen die gefundenen archäologischen Zeugnisse dafür, dass keine plötzliche Zerstörung der minoischen Kultur stattfand. Dennoch wird vermutet, dass der Vulkanausbruch den Untergang dieses Volkes eingeleitet hat.

Zerstörung eines wichtigen Handelszentrums

Durch die Zerstörung von Akrotiri wurde ein wichtiger Handelspunkt zerstört, sodass der Fernhandel nun nur noch mit erhöhtem Aufwand möglich war. Langfristig wäre der Handel dadurch jedoch erheblich eingeschränkt gewesen, was zum Niedergang des Volkes führte. Neben dem Einfluss auf das minoische Volk lässt sich vermuten, dass auch Legenden und Mythen durch den Vulkanausbruch geprägt wurden. So wurde in zahlreichen Mythen von Überschwemmungen berichtet, die durch einen Kampf des Gottes Poseidon hervorgerufen worden sein sollen. Jedoch ist zu beachten, dass in keiner der Mythen direkt von einem Vulkanausbruch die Rede ist. Erstaunlicherweise wird aber die sogenannte Deukalionflut in den Zeitraum datiert, in dem auch der Vulkanausbruch stattgefunden haben könnte.

Eine weitere Verbindung lässt sich in der Argonautensage finden, in dem von einem bronzenen Riesen berichtet wird, der Kreta vor feindlichen Schiffen bewacht und diese mit Felsbrocken bewirft. Da Kreta nur unweit von Santorin entfernt ist, wird diese Geschichte in Verbindung zur Minoischen Eruption gedeutet. Wie stark die Einflüsse auf die minoische Kultur oder das umliegende Festland tatsächlich waren, bleibt wohl weiterhin unklar. Jedoch sind die Spuren des Ausbruches heute noch ersichtlich und durch Analyse der Ablagerungen lässt sich der genaue Ablauf der Eruption bestimmen. Nur die Datierung bleibt weiterhin umstritten.

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