Das Erdbeben von Antiochia

Die Stadt Antiochia am Orontes (im Deutschen auch Antiochien genannt) lag im antiken Syrien in der heutigen Türkei ( Antakya). Neben Antiochia am Orontes gab es einige gleichnamige antike Städte. Antiochia am Oronotes ist jedoch die berühmteste und mit Abstand auch bedeutendste Stadt dieses Namens. Neben Alexandria und Konstantinopel war sie in römischer Zeit eine der größten und bedeutendsten Städte des östlichen Mittelmeerraums. Antiochia wurde bereits 307 vor Christi Geburt gegründet und lag im Mittelpunkt mehrerer verschiedener Handelsrouten und kam so zu großer Prosperität.

Der aus Antiochia stammende römische Historiker Ammianus Marcellinus (geboren um 330) beschreibt den Reichtum seiner Heimatstadt als „die weltberühmte, mit der sich keine vergleichen lässt, was den Überfluss der eingeführten und einheimischen Waren betrifft“. In der Spätantike wurde Antiochia durch mehrer schwere Erdbeben erschüttert. Dennoch blieb die Stadt eine der bedeutendsten Ostroms. Nach Plünderungen durch die persischen Sassaniden im 3. Jahrhundert nach Christi kam Antiochia bereits im 4. Jahrhundert wieder zur Blüte. Die Stadt war kaiserliche Residenz und zählte mehrere hunderttausend Bewohner. Auch kulturell und wissenschaftlich war Antiochia bedeutend: Neben den rhetorischen Schulen Roms, Athens, Alexandrias und Konstantinopels gehörte Antiochia am Orontes zu den berühmtesten rhetorischen Schulen Spätroms.

Das Erbeben von 526 nach Christi

Im Jahr 526 nach Christi Geburt fand das Erdbeben von Antiochia statt. Es gehört zu den schwersten Erdbeben, die in der Geschichte dokumentiert wurden, und soll mindestens 250.000 Menschen das Leben gekostet haben. Das Erdbeben von Antiochia ist durch Berichte von verschiedenen Historikern überliefert. Es begann am 20. Mai 526, Nachbeben haben bis zum 29. Mai Antiochia erschüttert. Den ausführlichsten Bericht liefert Johannes Malalas. Malalas (Malálas ist der syrische Begriff für Rhetor) wurde um 490 geboren und stammt aus Antiochia. Johannes Malalas verfasste eine griechischsprachige Weltchronik in 18 Büchern. Bis auf den Schlussteil legte Malalas den Schwerpunkt seiner Beschreibung auf seine Heimatstadt Antiochia. Die Chronik weist einen hohen literaturgeschichtlichen Wert auf, kann jedoch als historische Quelle in großen Bereichen nicht unkritisch aufgenommen werden.

Johannes Malalas

Die historische Wissenschaft ist dennoch in zahlreichen Details auf die Beschreibungen in Malalas Chronik angewiesen. So enthalten die Berichte zahlreiche brauchbare Informationen über den östlichen Mittelmeerraum der ausgehenden Spätantike. Johannes Malalas bearbeitete die Quellen, die er für seine Arbeit zugrunde legte nicht quellen-kritisch. Er unterhält den Leser mit einer Geschichte, die sowohl historisches als auch mythologisches Material zugrunde legt. Die Schilderung über das Erdbeben, das schließlich zu seiner Lebenszeit stattfand, kann jedoch als Anhaltspunkt für die tatsächliche Katastrophe herangezogen werden.

So schreibt Johannes Malalas, dass so gut wie alle Gebäude Antiochias zerstört wurden. Er berichtet weiterhin, dass von der Katastrophe verschiedene Gebäude verschont worden seien, die auf den die Stadt umgebenden Bergen gestanden haben sollen. In seiner Chronik erwähnt Johannes Malalas darüber hinaus ein Feuer, welches nach dem Erdbeben die noch erhaltenen Gebäude vernichtet haben soll. Insbesondere erwähnt er den Verlust der Hauptkirche der Stadt, die Kaiser Konstantin I. hatte erbauen lassen. Johannes Malalas schreibt, dass durch das Erdbeben 250.000 Tote zu beklagen waren. Möglicherweise ist diese Zahl zu hoch gegriffen.

Die Bedeutung des verheerenden Unglücks für die damalige Zeit und die Zeitzeugen, die das Erdbeben erleben mussten, lässt sich anhand dieser hohen Zahl von Toten jedoch gut nachvollziehen. Weitere historische Quellen berichten ebenfalls vom Erdbeben in Antiochia.

Der Hafen Seleukia Pieria

Prokop von Caesarea (geboren um 500) war ebenfalls ein griechischer Historiker der Spätantike und als solcher zumindest Zeitzeuge des Erbebens von Antiochia. Prokop berichtet in seinen Schriften von 300.000 Toten. Auch berichtet er, dass der Hafen der Stadt Seleukia Pieria durch das verheerende Beben zerstört worden sein soll. Seleukia Pieria war in der Antike eine höchst bedeutende Hafenstadt. Sie lag mehr als 30 km von Antiochia entfernt am Meer, etwas nördlich der Mündung des Orontes.

Die Hafenstadt Seleukia ist unter anderem dafür bekannt, dass der Apostel Paulus von Seleukia aus zu seiner ersten Missionsreise aufbrach. Die Hafenanlage der Stadt war ausgesprochen aufwendig angelegt. So musste man im 2. Jahrhundert den Fluss Orontes umleiten, um der Verlandung des Hafens entgegen zu wirken. Hierzu errichtete man ein Kanalsystem von fast 900 m Länge, zwei Tunnel und einen 15 m hohen Damm. Dennoch konnte man langfristig die Verlandung nicht verhindern. Bereits im 5. Jahrhundert begann mit der Verlandung des Hafens der langsame Niedergang der Stadt. 528 wurde Seleukia bei einem weiteren Erdbeben wiederum schwer beschädigt.

Der Niedergang der Stadt

14 Jahre nach dem großen Erdbeben griffen erneut die persischen Sassaniden Syrien an und eroberten in diesem Angriff auch die Stadt Antiochia. Ein Großteil der Einwohner Antiochias wurde deportiert, die Stadt Antiochia wurde wiederum zerstört. Der Überlieferung zur Folge waren wiederum nur wenige Gebäude erhalten geblieben. Antiochia wurde mit Zusatz Theoupolis („Stadt Gottes“) von Kaiser Justinian I. wieder aufgebaut. Sie umfasste jedoch nur einen geringen Teil des ehemaligen Stadtgebietes. Die kulturelle und wissenschaftliche Blüte der Stadt gehörte jedoch der Vergangenheit an. Von der antiken Stadt Antiochia sind heute kaum Überreste aus der Antike zu sehen.

Die heutige, moderne Stadt liegt mehrere Meter über der antiken Stadt, da die Schwemmerde des Orontes immer wieder die antiken Ursprünge verschüttet hat. Erhalten hat sich jedoch die monumentale Stadtmauer, die sich in Teilen oberhalb Antakyas auf dem Berg Silphius erhalten hat. In der Parmenios-Schlucht ist noch das 30 m große Eiserne Tor erhalten. Auch von Theater und Aquädukt sind noch Reste erhalten. Der kaiserliche Palast ist jedoch nicht mehr nachweisbar.

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