Globalisierung in der Antarktis

Die Antarktis – insbesondere ihr Westteil – erwärmt sich wesentlich schneller, als ursprünglich prognostiziert worden ist. Innerhalb von 50 Jahren stieg die Temperatur um 2,4 °C. Das ist der dreifache Wert der weltweiten durchschnittlichen Erderwärmung. In der Westantarktis erstreckt sich das Eis weit ins Meer hinein. Dieser Umstand trägt zu einer Beschleunigung der Eisschmelze bei und damit zu einem schnelleren Anstieg des Meeresspiegels, als vom Weltklimarat vorhergesagt worden ist. Theorien, dass auf dem antarktischen Festland geschmolzenes Eis in den tieferen Eisschichten wieder gefrieren würde, sind von der Wissenschaft bezweifelt worden. Man geht vielmehr davon aus, dass sich das Schmelzwasser in und unter den tieferen Eisschichten seenartig sammelt. Die sogenannten Gletschermühlen könnten die antarktische Eisschmelze sogar noch vorantreiben, wenn sie sich zwischen Boden und unterster Eisschicht sammeln und diese vom Untergrund ablösen. Auch das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven berichtet warnend vor einer beschleunigten Gletscherschmelze in der Westantarktis. Zwischen 1992 und 2012 hat sich die Linie der großen Pine-Islands- und Thwaites-Gletscher um 25 Kilometer landeinwärts verschoben. Die Schmelze hatte für die Wissenschaftler auch einen positiven Nebeneffekt: Zum ersten Mal ist es den Forschern gelungen, tiefe Sedimentkerne aus den Gletschertälern am Meeresgrund zu bohren und dadurch Rückschlüsse auf die geologische Historie bis zur Eiszeit zu ziehen.

Ökosystem in Gefahr

Durch die dramatischen Veränderungen im Zuge der Globalisierung ist das gesamte Ökosystem der Antarktis in Gefahr. 2012 wurde auf dem eisfreien Meer ein riesiger Algenteppich entdeckt, 100 x 200 Kilometer groß. Algenansammlungen in dieser Größenordnung sind in der Antarktis bisher noch nicht beobachtet worden. Zu ihrer Entstehung braucht es drei Faktoren: Nährstoffe, eisfreies Meer und Sonnenlicht. Wegen des Anstiegs der Temperatur werden solche Phänomene in Zukunft öfter zu beobachten sein. Auch die Fauna der Antarktis verändert sich. Forscher der Universität Hawaii haben eine eklatante Vermehrung der Population von Königskrabben beobachtet. Bisher galt der gesamte Festlandsockel des antarktischen Kontinents für diese Tiere als unbewohnbar. Die kälteren Temperaturen in den flacheren Gewässern der Antarktis widerstrebten den Tieren. Durch die antarktische Erwärmung scheinen die Lebensbedingungen den Königskrabben jedoch jetzt entgegen zu kommen. Die Wissenschaftler aus Hawaii entdeckten eine gigantische Königskrabben-Population innerhalb der Palmer-Senke, einer Vertiefung westlich der Antarktischen Halbinsel. Die Forscher haben die Anzahl der Tiere auf mehr als 1,5 Millionen hochgerechnet. Eine solche Masseninvasion ortsfremder Arten muss verheerende Folgen für ein Ökosystem haben.

Die Vielfalt der Flora und Fauna auf dem Meeresboden erscheint bereits dezimiert. Es sind noch Seeanemonen und Schwämme zu beobachten, aber kaum noch Würmer und keine Seeigel und Seesterne mehr, die die Hauptnahrung der Königskrabbe bilden. Einem japanischen Forscherteam ist es gelungen, die Kaiserpinguine während einer gesamten Brutsaison zu beobachten. Dabei fiel auf, dass sich die Tiere während der Jagd immer wieder zur Erholung auf Eisinseln zurückziehen. Wenn ein natürlicher Feind wie der Seeleopard sich nähert, rotten die Pinguine sich auf dem Eis dicht zusammen.

Fazit der Wissenschaftler

In ihrem Fazit streichen die Wissenschaftler heraus, wie wichtig eine konstante Verteilung des Meereises für die Pinguine ist. Ändert sich etwas daran, wie es zurzeit durch die globale Erwärmung der Fall ist, ändern sich auch Ernährung und Jagdverhalten der Pinguine. Auch die Zerstörungen an den Kalkgehäusen der winzigen Schnecke Limacina helicina machen den Meeresbiologen Sorgen. Die Schnecke ist eine wichtige Nahrungsquelle für Lachse, Heringe, Wale und Seevögel. Immer öfter werden Tiere mit stellenweise zerstörtem Kalkgehäuse gefunden. Grund ist die Versauerung der Meere, die ihre Ursache durch die infolge der Globalisierung erhöhten Kohlendioxid-Emissionen hat. Ein Biologe vergleicht die Schnecke mit jenen Kanarienvögeln, die von Bergleuten unter Tage genommen wurden, um vor Gasunfällen zu warnen. Die empfindlichen Tiere fielen im Falle eines Unglücks von der Stange. Insbesondere die südlichen Ozeane gelten als regelrechte Kohlendioxid-Schwämme: Sie allein sind schon für 40 % der gesamten Kohlendioxid-Aufnahme durch die Meere verantwortlich. Es gibt umstrittene Vorschläge im Rahmen von Geoengineering-Maßnahmen, das antarktische Meer zu düngen, um durch Algenvermehrung die Kohlendioxid-Absorption zu beschleunigen. Eine weitere dramatische Umweltfolge der Globalisierung ist das Ozonloch über der Antarktis.

Die Zeichen deuten darauf hin, dass die 1987 im Montreal-Protokoll beschlossenen weltweiten Maßnahmen zum Schutz der Ozonschicht allmählich gegriffen haben: Seit 2010 scheinen sich die riesigen Löcher, die FCKW und andere Problemstoffe gerissen hatten, wieder zu schließen. Nach Schätzungen der NASA ist eine Wiederherstellung der Ozonschicht über der Antarktis allerdings nicht vor 2068 zu erwarten.

Politische und wirtschaftliche Aspekte der Globalisierung in der Antarktis

Das Reiseverhalten des Menschen hat in der globalisierten Welt, bedingt durch Wohlstand und erschwinglicher gewordene Fernreise-Verkehrsmittel, auch vor der Antarktis nicht Halt gemacht. Obgleich ein Aufenthalt in der Antarktis eher zahlungskräftigen Urlaubern vorbehalten ist, sind die Besuchszahlen innerhalb von zwei Jahrzehnten gewaltig gestiegen. In der Saison 1990/91 wurden 1.055 Touristen gezählt, während es 20 Jahre später, 2010/2011; bereits 34.000 waren. Biologen sorgen sich um das Brutverhalten der Tierarten in den vom Tourismus besuchten Landstrichen. Trotzdem stellt die Antarktis noch immer das unberührteste zusammenhängende Landgebiet der Erde dar. Ihre Abgelegenheit von den Welthandelsrouten und die Unwirtlichkeit ihrer Natur hat sie von jeher abseits der ökonomischen und politischen Weltkonflikte gestellt. Bereits Ende der 50er Jahre wurde das Antarktische Vertragssystem geschaffen, das auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges die friedliche Nutzung der Antarktis auf Dauer sichern sollte. Dieses Vertragswerk war und ist ein gültiges Vorbild einer globalen Einigung auf umweltpolitischem Gebiet. Territorialansprüche einzelner Staaten auf Antarktis-Gebiete wurden untersagt, auch wenn sie z. T. aufrechterhalten werden. Die unterzeichnenden Staaten einigten sich dauerhaft auf einen Verzicht militärischer und ökonomischer Nutzungen im Antarktis-Gebiet.

Anders sieht es beim Thema Fischfang auf den antarktischen Meeren aus. 2012 scheiterten die Verhandlungen über eine Einrichtung von Schutzgebieten vor der Antarktis-Küste an dem Veto der Staaten China, Russland und Ukraine. Die Kommission zum Schutz lebender Ressourcen in der Antarktis hatte sich in Australien auf die Einrichtung eines 1,6 Millionen Quadratkilometer großen Schutzgebiets einigen wollen. Die Schutzzone hätte eine drastische Verringerung der Fischfang-Quoten zur Folge gehabt und wurde von den Veto-Ländern so nicht getragen. Es besteht allerdings ein immenser öffentlicher Druck auf die beteiligten Vertragsstaaten, zu einer Einigung im Sinne des Antarktis-Schutzes zu kommen. Das nächste Treffen der Kommission findet 2013 in Deutschland statt.

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