Kulturelle Globalisierung Beispiele

Kulturelle Globalisierung wird häufig als ein vorwiegend vom Westen ausgehender Fluss von Ideen, kulturellen Praktiken und den damit assoziierten Produkten verstanden. Der internationale Siegeszug von Unternehmen wie Coca Cola, McDonalds, Subway und Starbucks ist ein schlagendes Argument für die Auffassung, unter kultureller Globalisierung sei vorwiegend eine Standardisierung der Welt unter dem Vorzeichen der amerikanischen Kultur zu verstehen.

Wasabi KitKat in Japan: Coca-Kolonisierung der Welt?

Die Coca Cola Company, 1892 in den USA gegründet, dominiert mit ihren Produkten heute den Weltmarkt der Erfrischungsgetränke. Coca Cola wird in 206 Ländern vertrieben. Coca Cola-frei sind offiziell lediglich Nordkorea und Kuba. Indien steht zwar mit dem Softdrink auf Kriegsfuß, lokale Verbote waren jedoch befristet. Der Softdrinkhersteller stellt sich in aufwändigen Werbekampagnen als das Getränk dar, mit dem jeder an der westlichen Freiheit partizipieren kann. Mit dieser Strategie hat das Unternehmen fast überall die lokalen, häufig gesünderen Getränke verdrängt oder marginalisiert. Mitunter kommt es aber auch zur Appropriation lokaler Marken. In Russland und der Ukraine hat Coca Cola beispielsweise das Nationalgetränk Kwas im Angebot. Der Verkauf der französischen Marke Orangina an Coca Cola kam im Jahr 2000 nur aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht zu Stande.

Die Ursprünge von McDonalds liegen im Kalifornien der 1940er Jahre. Heute betreibt das Unternehmen über 34000 Filialen in 119 Ländern auf allen Kontinenten. Sinkende Popularität in seinen westlichen Stammgebieten macht McDonalds durch weltweite Ausbreitung wett. In Russland und China wurde der Burgerbrater in den 1990er Jahren mit kilometerlangen Warteschlangen wie ein Evangelist des ersehnten westlichen Lebens begrüßt. Aber es gibt viele Beispiele dafür, wie sich auch McDonalds lokalen Gewohnheiten und Geschmäckern anpasst. In Israel ist der Fastfood koscher, in islamischen Ländern selbstverständlich halal. Hier werden während des Fastenmonats Ramadan zum Fastenbrechen auch traditionelle lokale Spezialitäten angeboten. In Hong Kong gibt es Eiscreme mit Mungobohnengeschmack, in der Türkei Ayran, Bier in Belgien und Frankreich. In Indien wird weder Rind noch Schwein serviert, 2013 sollen die ersten rein vegetarischen Filialen eröffnen. Die Vielfalt der Saucen, Zutaten und Menüoptionen in internationalen McDonalds-Filialen ist überraschend, wenn man daran gewöhnt ist, das Fast-Food-Unternehmen als kulturellen Usurpator wahrzunehmen.

Recyclingpappe, Fair Trade und Latte a l’americaine

Die größte Kaffeekette der Welt ist eine Erfolgsgeschichte jüngeren Datums. Seit Mitte der 1990er Jahre ist das amerikanische Unternehmen weltweit präsent und betreibt heute über 20000 Filialen in 61 Ländern. Die große wirtschaftliche Macht, die hinter Starbucks steht, hat überall dort, wo Filialen öffneten, unabhängige lokale Unternehmen verdrängt. Auch Starbucks aggressive Markenpolitik (2003 und 2006 drohte es den lokalen Kleinunternehmen HaidaBucks Coffee House und SamBucks Coffee mit gerichtlichen Schritten) war Gegenstand vehementer Kritik. Andererseits ist Starbucks mit der Etablierung von Recyclingpraktiken und Fair Trade Produktlinien auch ein Sprachrohr moderner westlicher Werte in vielen Ländern, in denen Umwelt und Fairness eine ähnlich geringe Rolle spielen wie in den westlichen Ländern in der Zeit ihres ökonomischen Aufstiegs.

Pop Idol und Militäreinsatz – der Transfer westlicher Werte

Auch der offensichtliche Wertetransfer, der die kulturelle Globalisierung ausmacht, findet vorwiegend in einer Richtung statt. Westliche Ideen über individuelle Freiheit, Selbstverwirklichung, Demokratie, Menschenrechte oder Gleichheit der Geschlechter, durch Fernsehen, Filme und Musik in die Welt getragen, haben seit einiger Zeit begonnen, in vielen Ländern insbesondere Asiens und Afrikas traditionelle Strukturen aufzuweichen. Vom westlichen Standpunkt aus erscheinen diese Veränderungen meist erfreulich. Oft wird erklärt, die Annäherung der Kulturen unter westlichem Vorzeichen sei sogar ausgesprochen wünschenswert, weil sich so das Konfliktpotenzial zwischen Nationen und Gruppen verringern würde. Ein theoretisch einleuchtendes Konzept, für dessen Wirksamkeit sich jedoch in den letzten, an Konflikten ausgesprochen reichen Jahren, wenig Belege finden lassen. Nicht selten werden kulturelle Veränderungen auch direkt im Rahmen einer militärischen Besetzung, vorwiegend in USA-Regie, politisch erzwungen. Die in Afghanistan und Irak 2004 beziehungsweise 2005 verabschiedeten neuen demokratischen Verfassungen sind das Ergebnis von Auflagen, mit denen die USA und ihre Koalitionspartner in diesen Ländern einen der militärischen Intervention folgenden Demokratisierungsprozess einleiten wollten.

Der arabische Frühling

Als Produkt unter anderem der kulturellen Globalisierung lässt sich zweifellos auch der Arabische Frühling wahrnehmen, der vielen arabischen Ländern seit 2010 Aufstände und Revolutionen bescherte. Neue, durch das Internet ermöglichte globale Kommunikationstechniken wie Blogs, Facebook und Twitter haben maßgeblich dazu beigetragen, die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen und politischen Situation in autoritär regierten Ländern wie Tunesien, Ägypten und Libyen zu bündeln und Proteste zu organisieren. Die Liste der 72 Länder, in denen Ableger der britischen Castingshow „Pop Idol“ (Vorbild für Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“ und „American Idol“) ausgestrahlt wurden, enthält übrigens Ägypten, Irak, Libyen, Marokko, Syrien, Saudi Arabien und Tunesien.

Kulturelle Globalisierung ist keine Einbahnstraße

Aber auch eine andere Perspektive ist möglich. In dieser ist Globalisierung ein Bestandteil der schon seit jeher stattfindenden permanenten Erneuerung und Transformation von Kulturen. So wie die Empfänger westlicher Produkte und Ideen diese in den Kontext ihrer Kulturen einbinden, so empfangen auch die westlichen Länder Impulse aus aller Welt und inkorporieren sie in ihre eigenen Kulturen. Hinter diesen Ideen und Praktiken steht in der Regel keine dominierende ökonomische Macht, so dass sie sich nicht als riesige Werbetafeln im Straßenbild augenfällig präsentieren. Trotzdem haben auch diese Impulse den Westen beeinflusst und verändert.

Kaum weniger augenfällig als Coca Cola-Werbung in Beijing ist zum Beispiel die Gewohnheit westlicher Jugendlicher, ihre Körper nach dem Vorbild von Praktiken der archaischen Stammesgesellschaften mit Tätowierungen und Piercings zu schmücken. Zahllose andere Beispiele für eine Beeinflussung der westlichen Gesellschaften lassen sich finden. Allein das Thema globalisierte Esskultur ist seitenfüllend und hat in westlichen Ländern eher zum Verlust lokaler Besonderheiten geführt als anderswo. So graben vor allem in Deutschland Pastagerichte und Pizza – in deutschen Präferenzen angepassten Rezepturen – traditionellen Gerichten wie Eintopf, Rouladen und Sauerbraten schon seit Jahrzehnten das Wasser ab.

Yoga, Kunst, Musik

Insbesondere in den Metropolen der USA gehört Yoga heute für viele moderne Berufstätige zum Alltag. Nach einer Statistik von 2008 betreiben 6% der Bevölkerung die spirituelle Methode als alternative Therapie oder Sport im weiteren Sinne. Ohnehin haben fernöstliche Philosophien und Wertvorstellungen auch die westlichen Kulturen seit den 1960er Jahren stark beeinflusst. Heute identifizieren sich in Europa etwa 2 Millionen, in den USA 1.2 Millionen Menschen als aktive Buddhisten. Das Buch „The Continuum Concept“ von Jean Liedloff brachte seit den 1970er Jahren die Ideen eines südamerikanischen Indianerstammes zur Kindererziehung in westliche Kinderzimmer. Besonders erfolgreich war das Buch bei der Popularisierung des Tragens von Kindern, das vordem in westlichen Ländern als vollkommen unangebracht wahrgenommen wurde. Heute ist es für viele junge Eltern vor allem in westlichen Metropolen selbstverständlich, ihre Kinder in Tragetüchern oder anderen Tragevorrichtungen mit sich herumzutragen.

Auch künstlerisch und musikalisch haben sich der Westen und die umgebende Welt wechselseitig beeinflusst. Amerikanische Populärmusik hat ihre Wurzeln tief in der Kultur der nach Amerika verschleppten afrikanischen Sklaven. Andererseits entstehen seit dem Aufkommen von Jazz, Blues und Rock aus der ununterbrochenen Reibung mit amerikanischen Einflüssen in vielen Ländern starke nationale Musikszenen. Als Beispiele zu nennen wären hier asiatischer Pop, deutscher oder französischer HipHop. Bands aus westlichen Ländern begeistern sich für Weltmusik, und Musiker aus Asien, Afrika oder Südamerika werden mit ihrem eigenen Amalgam westlicher und lokaler Musikstile immer wieder zu internationalen Stars. So gibt der internationale Musikbetrieb fast schon eine Art Modell für die Globalisierung ab, in dem sich das vielfältige Wechselspiel der Einflüsse unter dem Dach einer relativen westlichen Dominanz abbildet.

Zurück zur Hauptseite: Informationen zur Globalisierung
Permalink dieser Seite zur Zitation auf Webseiten & in Hausarbeiten: