Industrielle Revolution

Im Allgemeinen wird England als das Mutterland der industriellen Revolution gesehen. Hier fand in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein umfassender Wandel in der gesellschaftlichen Entwicklung statt, der große Auswirkungen weltweit haben sollte. Der Höhepunkt der industriellen Revolution liegt im 19. Jahrhundert und führte zu einer beschleunigten Entwicklung in den Bereichen Technik, Wissenschaft und Produktivität. Gleichzeitig vollzog sich in der Gesellschaft ein struktureller Wandel. Die Anzahl der von der Landwirtschaft lebenden Bevölkerung nahm ab und wurde zum sogenannten Proletariat, wobei sich auch die Gruppe der Kapitalisten ausbildete.

Zusätzlich wuchs die Bevölkerung, wobei dies hauptsächlich in den unteren Schichten der Gesellschaft geschah. Da ein Großteil der Landbevölkerung in die Städte abwanderte, kam es hier zu sehr beengten Wohnverhältnissen, da die Städte nicht auf den Zuwachs an Bürgern eingestellt waren. Die Fabriken stellten diese Menschen als Arbeitskräfte ein, die zum Lohnproletariat wurden. Die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen wurden schnell zum politischen und sozialen Sprengstoff, der sich in sozialen Unruhen widerspiegelte.

Gründe für die Revolution

Es gibt vielfältige Gründe dafür, dass sich die industrielle Revolution in Großbritannien zuerst erhob. Zum einen schaute England zu der Zeit auf einen lang andauernden Frieden im Land zurück. Die englische Insel war ein einheitliches Wirtschaftsgebiet ohne jegliche Zollbeschränkungen im Gegensatz zum Kontinent. In der gut funktionierenden Landwirtschaft der Großgrundbesitzer wurden genügend Überschüsse erzeugt und es waren mehr Arbeitskräfte vorhanden als benötigt wurden.

Außerdem verfügte Großbritannien über große Vorkommen an Kohle und der Transport ließ sich über ein gut ausgebautes Verkehrsnetz bewältigen, wobei hier eher Kanäle statt Straßen genutzt wurden. Durch seine zahlreichen Kolonien kam England kostengünstig an Rohstoffe und konnte gleichzeitig die verarbeiteten Produkte in seine Kolonien verkaufen. In England war zu dieser Zeit die Feinmechanik und Werkzeugmacherei hoch entwickelt.

Außerdem gab es im damaligen Großbritannien etliche religiöse Außenseiter, die unternehmerische Ambitionen hegten. Gleichzeitig gab es im eigenen Land einen durch den Überseehandel entstandenen Wohlstand in den entsprechenden Bevölkerungsschichten, der zu einer Nachfrage nach hochwertigen Waren führte wie auch in den nordamerikanischen Kolonien.

Die technische Entwicklung förderte die Infrastruktur

Die industrielle Revolution begann zunächst regional und es bildeten sich in verschiedenen Gegenden Englands industriell geprägte Gebiete, weil hier die idealen Voraussetzungen dafür waren wie zum Beispiel in der Grafschaft Lancashire. In diesen Bereichen entwickelte sich eine umfassende Textilindustrie, wobei sowohl Baumwolle als auch Leinen und Wolltuchgewebe mit unterschiedlichen Erfolgen verarbeitet wurde. Gerade mit Baumwolle wurde durch die Textilindustrie viel Geld verdient und ‚King Cotton‘ galt als der Motor der industriellen Revolution.

Doch die Textilindustrie hätte sich niemals so entwickeln können, wären nicht gleichzeitig in der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts zahlreiche mechanische Erfindungen gemacht worden. Zunehmend wurde in den Fabriken die bis dahin übliche Handarbeit durch Maschinen ersetzt. Dampfmaschinen erzeugten die benötigte Energie für diese Umstellung auf Maschinenarbeit. Dafür benötigte man aber große Kohle- und Erzvorkommen.

Wichtige Erfindungen

Die beiden wichtigsten Erfindungen jener Zeit waren neben dem mechanischen Webstuhl und der ‚Spinning Jenny‚, vor allem die Dampfmaschine und die Dampflokomotive. Ohne die Eisenbahn wäre es faktisch unmöglich gewesen, die Rohstoffe durchs Land zu transportieren. Da der Bedarf an Energie wuchs, wurde der Abbau von Kohle vorangetrieben. Gleichzeitig wurde der Ausbau des Kanalnetzes gefördert. Das Straßennetz der damaligen Zeit ging zum Teil noch auf die alten Römerstraßen zurück und waren keinesfalls den modernen Anforderungen gewachsen.

Auch ein schneller Ausbau des Straßennetzes hätte das Transportproblem nicht wirklich lösen können, denn um eine Fracht von 1,5 Tonnen Gewicht zu transportieren, benötigte man 4 bis 6 Pferde. Auf den Kanälen konnte ein Pferd einen Kahn mit einem Gewicht von 30 Tonnen ziehen. Darum wurden die meisten Waren über das Kanalnetz befördert. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es 25.000 Pferde, die Kähne über die Kanäle zogen.

Die Eisenbahn und der Kohleabbau gehen Hand in Hand

Die Entwicklung und der Ausbau der Eisenbahn wären in England faktisch unmöglich gewesen, wenn es nicht gleichzeitig eine stark wachsende Kohleförderung gegeben hätte. Das führende Abbaugebiet für Kohle lag um Newcastle und die Eisenbahn transportierte die Kohle überall dorthin, wo sie gebraucht inklusive dem Export wurde. Vor der Erfindung einer Eisenbahnschiene, die stark genug war, um das Gewicht von beladenen Waggons zu tragen, gab es Zahnradbahnen.

Mit dem Güterverkehr kam auch der Personenverkehr auf. Auf den Flüssen entwickelte sich die Dampfschifffahrt, die ihre Ursprünge in den USA hatte. Die schnellen Dampfschiffe waren den Segelschiffen überlegen und der Personenverkehr an der Küste entlang war mit Dampfschiffen billiger als durch Kutschen auf der Straße.

Ähnlich verhielt es sich mit der Dampfschifffahrt auf der Themse. Es entwickelte sich auch ein regelmäßiger Verkehr zwischen Dover und Calais mit Dampfschiffen, wodurch der Import und Export zusätzlich angeregt wurde. Die Dampfschifffahrt auf der Themse erreichte eine derartige Regelmäßigkeit, dass es zu Fahrplänen zwischen den einzelnen Häfen kam. Zum Beispiel kam in Glasgow in den Jahren um 1830 herum alle zehn Minuten ein Dampfschiff an. Selbst die Entfernung von Bristol nach New York wurde mit nur 14 Tagen Reisezeit veranschlagt.

Auch der aufkommende Personenverkehr bei der Eisenbahn hatte gravierende Auswirkungen auf die Entwicklung der Städte. Selbst wer im Zentrum Londons arbeitete, wohnte zumeist in den Vororten und kam mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie der Eisenbahn in die Innenstadt. Das bedingt die Zersiedelung der Städte und die Trennung von Wohn- und Arbeitsplatz, die so vorher nicht gab. Der wachsende Verkehrsstrom verlangte nach neuen, modernen Beförderungsmitteln und einem schnellen Ausbau des Straßennetzes in und außerhalb der Städte.

Der Kapitalismus prägte die industrielle Revolution

In dieser Zeit prägte sich der Kapitalismus aus. Es wurde jede Gelegenheit genutzt, um Geld zu verdienen und den Gewinn auf jede erdenkliche Weise zu maximieren. Die Rechte von Arbeitnehmern waren zu Beginn der industriellen Revolution ein untergeordnetes Thema für die Gesellschaft in Großbritannien. Im Gegenteil, die wohlhabenden Gesellschaftsschichten vertraten den Standpunkt, dass die Armut des Proletariats sie gottesfürchtig halten würde und darum wünschenswert sei.

Der schottische Moralphilosophie Adam Smith befürwortete den Kapitalismus als den Förderer der wirtschaftlichen Entwicklung. Er vertrat die Meinung, dass jemand durch sein Streben nach maximalem Gewinn letztendlich damit auch dem Gesamtwohl der Volkswirtschaft diene. Die zunehmende Industrialisierung verlangte nach mehr Kapital als jemals zuvor. Die industrielle Revolution in der Textilindustrie ließ sich im Vergleich zur Schwerindustrie mit relativ geringem Kapitaleinsatz erlangen.

Doch um eine florierende Stahlindustrie aufzubauen, brauchte man weitaus mehr Kapital als Einzelpersonen dies aufbringen konnten. Dies führte zur Entwicklung und Gründung von immer mehr Kapitalgesellschaften, die allein auf ihre Profite bedacht vorgingen. Um die Gewinnspanne möglichst hochzuhalten, wurde dem Arbeitnehmerproletariat nur sehr geringer Lohn gezahlt. Dadurch kam es immer wieder zu sozialen Unruhen im Land. Nur langsam konnten sich die Arbeiter einen geringen Wohlstand erarbeiten und ihre Familien angemessen ernähren.

Einfluss auf Entwicklung der Menschheit

Die industrielle Revolution ist im Bezug auf die menschliche Entwicklung genauso entscheidend wie Ansiedlung der Nomaden in der Steinzeit. Immerhin bedingte die industrielle Revolution die Entwicklung der Großindustrie, aus deren Kraft letztendlich auch der Wohlstand der Arbeitnehmer entstand. Der zunehmende Wohlstand unter den Arbeitern in den späteren Jahren der industriellen Revolutionen wird von einigen der Experten auch als die zweite industrielle Revolution bezeichnet. Sie wird ungefähr auf die Jahre um 1900 herum beziffert.

In diesem Zeitraum entstand eine noch intensivere Mechanisierung als während der ersten industriellen Revolution. Dazu gehört auch die zunehmende Verwendung von Elektrizität in nahezu allen Bereichen und zunehmende Fertigung von Massengütern. Als die dritte industrielle Revolution wird die mikroelektronische Entwicklung in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gesehen.

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